Vor allem Heroinkonsumenten der 80er-Jahre kommen nicht von der Nadel los

Brüssel. Früher hörten Europäer mit 30 auf, Drogen zu nehmen - heute sind immer mehr Drogenkonsumenten über 40. "Der Drogenmissbrauch ist kein Jugendphänomen mehr", sagte der Leiter der EU-Drogenbeobachtungsstelle EBDD, Wolfgang Götz, in Brüssel. Etwa jeder fünfte Drogenkonsument, der sich in Europa in Behandlung gebe, ist inzwischen älter als 40, in manchen Ländern ist es fast jeder dritte. Das zeigt der gestern vorgelegte Jahresbericht der Behörde.

Grund dafür sei die alternde Bevölkerung. In den 80er-Jahren seien viele junge Leute an Heroin geraten und nicht mehr davon losgekommen - diese langjährigen Konsumenten seien älter geworden und ließen heutzutage das Durchschnittsalter der Drogenkonsumenten steigen. "Damals gab es eine Heroinepidemie, weil die Droge in Mode war", sagte Götz. Von anderen Drogen wie Cannabis oder Party-Drogen könnten sich die meisten lösen, weil sie sich nicht mehr ausprobieren müssten und Rücksicht auf ihre Familie und Kinder nähmen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass heutzutage Ältere ohne Drogenerfahrung vermehrt zu Rauschgiften griffen. Auf die Gesellschaft sieht der Experte eine Kostenlawine zurollen. Die Behandlung von Älteren sei teuer, weil sie besondere Therapien benötigten. "Ein 40-jähriger chronischer Heroinabhängiger braucht eine Behandlung wie ein 60-Jähriger, weil sein Körper so schnell gealtert ist", sagte der Behördenchef.

Mittlerweile werden Drogenproduzenten immer erfinderischer: 2009 seien 24 neue synthetische Drogen als Ersatzsubstanzen für Kokain, Ecstasy und Amphetaminen erstmals in Europa identifiziert worden, heißt es im Jahresbericht der EBDD. Der Trend aus dem Rekordjahr 2009 habe sich 2010 ungebremst fortgesetzt. Bis Mitte Juli seien bereits 15 neue Substanzen ermittelt worden.

Kriminelle Organisationen könnten schnell das Potenzial dieser synthetischen Stoffe nutzen, um relativ einfach neue Designerdrogen zu entwickeln. Dabei könnten chemische Stoffe auf legalem Weg bezogen und dann in illegale psychoaktive Substanzen umgewandelt werden. In mehr als 20 europäischen Ländern seien neue synthetische Drogen beschlagnahmt worden.

Die am häufigsten konsumierten Drogen in der EU bleiben aber Cannabis und Kokain. Immer größere Verbreitung finde offenbar im eigenen Land auf Plantagen und in Gewächshäusern hergestelltes Marihuana. Laut Jahresbericht hat in den vergangenen 30 Tagen einer von 14 Europäern Cannabis konsumiert.