Niedersachsen wirft Bundesfinanzminister Alleingang vor

Berlin. In den Ländern und der FDP wächst der Unmut über die Pläne von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), einen Teil der Einkommenssteuer von den Kommunen individuell festlegen zu lassen. Niedersachsens Vize-Regierungschef und Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) warf Schäuble vor, die verantwortlichen Instanzen zu übergehen. In einem Brief an Schäuble, der dem Abendblatt vorliegt, schrieb Bode: "Ich halte es für selbstverständlich, dass derart gravierende Überlegungen zur Veränderung der Gemeindefinanzierung zuerst in der Gemeindefinanzkommission diskutiert werden sollen. Hier sind gerade dafür auch Vertreter der Verfassungsorgane eingesetzt worden, die Sie durch Ihr Vorgehen komplett übergangen haben."

Dies gelte umso mehr, "da Sie bisher eine völlig andere Perspektive bei den Gemeindefinanzen in Aussicht gestellt haben", so Bode weiter. Der Minister gab in dem Schreiben auch zu bedenken, ob unter diesen Voraussetzungen eine weitere Arbeit der Gemeindefinanzkommission noch sinnvoll sei oder ob sie nicht besser als gescheitert aufgelöst werden sollte. "Die von Ihnen gemachten Vorschläge stellen jedenfalls keine sinnvolle Option für die künftigen Gemeindefinanzen dar", so der Vize-Regierungschef. Mitglieder der Gemeindefinanzkommission sind die Bundesminister für Finanzen, Inneres und Wirtschaft sowie Vertreter der Länder und der Kommunalen Spitzenverbände.

In einem Beschluss lehnte auch die FDP-Bundestagsfraktion das Schäuble-Modell ab. Es müsse in der Koalition ein neuer Vorschlag erarbeitet werden, sagte der finanzpolitische Sprecher Volker Wissing. Fraktionschefin Birgit Homburger betonte, es könne nicht sein, dass die Städte und Gemeinden eine zusätzliche Möglichkeit der Steuererhebung erhielten. Schäuble hatte empfohlen, dass die Gemeinden ihren Anteil an der Einkommenssteuer von derzeit 15 Prozent künftig innerhalb fester Bandbreiten selbst festlegen und damit mehr Eigenständigkeit in Finanzfragen bekommen. Die Spitzen des Regierungsbündnisses wollen am 18. November über das Thema beraten. Dann soll auch über die umstrittene Mehrwertsteuerreform gesprochen werden.

Unterdessen schwelt der Koalitionsstreit über Steuersenkungen weiter. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) forderte eine Anhebung des Spitzensteuersatzes. Damit könnten die Einnahmen des Staates verbessert und der Schuldenabbau vorangetrieben werden, sagte Müller der "Frankfurter Rundschau". Die FDP wies den Vorschlag umgehend zurück. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) sagte, er halte Steuersenkungen vor der Bundestagswahl 2013 für möglich.