Elektronische Gesundheitskarte soll per Zwang eingeführt werden

Hamburg. Auf den letzten Metern zur Gesundheitsreform der schwarz-gelben Bundesregierung regiert der Rotstift. Nach Dutzenden Änderungsanträgen am Gesetzentwurf, die dem Abendblatt vorliegen, wird es weitere einschneidende Veränderungen für Patienten und Krankenkassen geben. Anders als von der FDP im Wahlkampf versprochen, wird beispielsweise die elektronische Gesundheitskarte mit Zwangsmaßnahmen eingeführt.

Im Änderungsantrag 1 für den nicht öffentlich tagenden Gesundheitsausschuss heißt es sinngemäß: Hat eine Krankenkasse bis Ende 2011 nicht mindestens jedem zehnten Versicherten eine neue Gesundheitskarte ausgehändigt, muss sie zwei Prozent ihrer Verwaltungskosten als Strafe zahlen - eine Millionensumme für die Kassen.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Kassen ist empört: "Jetzt sollen die Kassen gezwungen werden, die elektronische Gesundheitskarte im nächsten Jahr auch dann auszugeben, wenn es in vielen Arztpraxen noch gar keine Lesegeräte dafür gibt. Praktisch hieße das für Millionen Versicherte, dass sie mit zwei Krankenkassenkarten gleichzeitig herumlaufen müssten. Erst die Lesegeräte und dann die Karten - das wäre die richtige Reihenfolge", sagte die Vorstandsvorsitzende des Kassenverbandes, Doris Pfeiffer, dem Abendblatt.

Hamburgs Praxisärzte lehnen in der Mehrheit die Gesundheitskarte ab. Von "Erpressung" spricht die Bergedorfer Hausärztin Silke Lüder.

Kassenverbands-Chefin Pfeiffer kritisierte: "Obwohl bereits eine Honorarerhöhung von über einer Milliarde Euro beschlossen wurde, will die Regierungskoalition den Ärzten jetzt weitere 120 Millionen Euro durch eine Gesetzesänderung zukommen lassen. Rekordhonorare für Ärzte und eine gesetzliche Beitragserhöhung - ein echtes Sparpaket sieht anders aus."