Berlin. Wenige Tage nach dem EU-Gipfel hat die Bundesregierung eine Debatte über die künftige Zusammenarbeit in Europa angestoßen. In ungewöhnlich offener Form formulierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dabei einen Führungsanspruch Deutschlands und Frankreichs in der EU und forderte eine noch engere Abstimmung zwischen beiden Regierungen.

Beide Staaten seien "die Schrittmacher" Europas, schreibt Schäuble in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Ausdrücklich weist er beiden Staaten die Funktion zu, andere EU-Partner im Kreis der 27 Mitglieder zu vertreten: "Deutschland und Frankreich müssen auch als Sprecher ihrer jeweiligen regionalen Nachbarschaften auftreten und gleichsam als Scharnier wirken: Frankreich für den mediterranen Raum, Deutschland für den Osten und Norden Europas."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte bei einer Rede vor dem Europa-Kolleg im belgischen Brügge die besondere Verantwortung, die Deutschland in der EU habe: "Es liegt auf der Hand, dass Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas eine besondere Verantwortung für unseren Kontinent zukommt." Sie verteidigte dabei, dass sie auf dem EU-Gipfel auf einer Änderung des Lissabonner EU-Vertrages bestanden habe, um private Gläubiger an Krisenlösungen zu beteiligen. Schäuble und Merkel reagierten damit auch auf Kritik an den deutsch-französischen Vorabsprachen zur Verschärfung des Stabilitätspakts.