Die Zahlen erneuern bei Schwarz-Gelb die Debatte über Steuersenkungen. Kritik gibt es an dem Plan einer Steuererklärung nur alle zwei Jahre.

Berlin. Bund, Länder und Kommunen können sich dank des Wirtschaftsaufschwungs bis 2012 auf mögliche Steuermehreinnahmen von fast 62 Milliarden Euro einstellen. Das geht aus der Vorlage des Bundes für die Steuerschätzung hervor, die an diesem Dienstag in Baden-Baden beginnt. Die erhofften üppigen Mehreinnahmen befeuern in der schwarz-gelben Koalition die Debatte über Steuersenkungen . Kritik kommt von der Steuergewerkschaft an den Plänen, dass Arbeitnehmer künftig ihre Steuererklärung nur noch alle zwei Jahre abgeben müssen.

In seiner Schätzvorlage rechnet der Bund nach dpa-Informationen für dieses Jahr mit einem Einnahmeplus für den Gesamtstaat von 16,6 Milliarden Euro im Vergleich zur Steuerschätzung vom Mai. 2011 könnten es im Vergleich zur bisherigen Planungen 22,1 Milliarden sein und im Jahr 2012 rund 23 Milliarden Euro. Hinzu kommen leichte Abweichungen durch Abführungen an die EU-Kassen oder durch Rückzahlungen aus Brüssel.

Die Vorlage des Bundes ist eine wichtige Grundlage für die Steuerschätzung. Sie geht in die Berechnungen der anderen Experten des Arbeitskreises Steuerschätzung ein. Das endgültige Ergebnis kann daher anders ausfallen. Es wird an diesem Donnerstag bekanntgegeben.

Anders als im November üblich, erstellen die Steuerschätzer diesmal nicht nur für das laufende und das nächste Jahr eine Prognose. Die Experten von Bund, Ländern, Kommunen, Statistik-Amt, Bundesbank und Forschungsinstituten geben eine Schätzung für drei Jahre ab. Grund sind auch Doppelhaushalte in einigen Bundesländern. Die Steuerschätzung ist Grundlage für die Etatpläne des Staates.

Für seine Kassen erwartet der Bund dem Vernehmen nach in diesem Jahr ein Steuerplus im Vergleich zur Mai-Schätzung von 7,5 Milliarden Euro. 2011 könnten es 8,8 Milliarden und 2012 rund 9,3 Milliarden Euro sein. Für die Länder sagt der Bund Mehreinnahmen bis zum Jahr 2013 von insgesamt 23 Milliarden Euro voraus. Für die Kommunen könnte sich das Einnahmeplus zusammen auf rund 13,1 Milliarden belaufen.

Bei der Steuergewerkschaft hieß es zu Plänen für eine nur noch alle zwei Jahre fälligen Steuererklärung, Arbeitnehmer dürften kaum zwei Jahre auf eine Rückzahlung von zu viel gezahlten Steuern warten. Der Staat wiederum würde auf Nachzahlungen verzichten, kritisierte der stellvertretende Bundesvorsitzende Thomas Eigenthaler. „Wir halten das für eine kleine Beruhigungspille“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Die Leute werden nach wie vor jedes Jahr zum Finanzamt kommen und fragen: Wo bleibt meine Rückerstattung?“ Ein Großteil der Arbeitnehmer, die eine Steuererklärung abgeben, rechneten mit einer Rückzahlung. Aber auch der Staat sollte ein Interesse daran haben, dass Steuern rasch nachgezahlt werden.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schlägt den Ländern vor, dass Arbeitnehmer künftig nur noch alle zwei Jahre eine Steuererklärung abgeben müssen. Dies soll ein zentraler Punkt bei der ab 2012 geplanten Steuervereinfachung sein. Im Gespräch ist aber ein mögliches Wahlrecht bei der Abgabe der Steuererklärung. Daneben hat der Bund 18 weitere Reformvorschläge unterbreitet, über die die Koalition Anfang Dezember entscheiden will. Ziel sei ein Entlastungsvolumen für alle Ebenen von rund 500 Millionen Euro, bekräftigte Schäubles Sprecher Michael Offer in Berlin.

Bund und Länder beraten zunächst an diesem Mittwoch auf Abteilungsleiterebene. Kanzlerin und CDU-Chefin AngelaMerkel hatte zuvor erklärt, sie sehe für Steuersenkungen weiter keinen Spielräume. Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte, 2010 und 2011 sei kein Platz dafür. Dann sehe man weiter: „Haushaltskonsolidierung hat Vorrang.“ Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sprach sich erneut für Steuersenkungen aus. Der „Leipziger Volkszeitung“ (Montag) sagte er: „Vieles hängt aber davon ab, wie die Konjunktur weiter verläuft.“ Zunächst müsse der Aufschwung genutzt werden, den Etat zu sanieren.

Auch CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich forderte die Koalition auf, am Ziel von Steuersenkungen festzuhalten. Er sagte dem Abendblatt: „Union und FDP haben nach wie vor das Ziel, die Steuern zu senken.“ Steuerentlastungen, Schuldenabbau und Investitionen seien für die Koalition gleichrangige Ziele.