Verletzte Demonstranten klagen gegen Baden-Württemberg

Stuttgart. Der baden-württembergische Landtag hat einen landesweiten Volksentscheid über das Bahnprojekt Stuttgart 21 abgelehnt. Gegen einen entsprechenden Antrag der oppositionellen SPD stimmte gestern die CDU/FDP-Mehrheit. Die Grünen enthielten sich, weil die von der SPD vorgeschlagene Fragestellung auf die Akzeptanz des milliardenschweren Umbaus des Hauptbahnhofs und der neuen Schnellbahnstrecke nach Ulm ausgerichtet sei. Die Grünen seien aber für eine ergebnisoffene Volksabstimmung, sagte die Vize-Fraktionschefin Theresia Bauer. CDU und FDP erklärten, ein Volksentscheid zu dem Projekt wäre verfassungswidrig.

SPD-Fraktionsvize Nils Schmid sagte: "Jetzt weisen wir einen Weg aus der Sackgasse, in die die Landesregierung das Projekt geführt hat." Er bot der CDU/FDP-Regierung ein Aktionsbündnis für bessere Infrastruktur und mehr Demokratie an: "Wer gute Argumente hat, braucht das Volk nicht zu fürchten." Seine Partei unterstütze weiter das riesige Bauvorhaben. Es sei für die Verkehrsinfrastruktur und den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg von enormer Bedeutung.

Innenminister Heribert Rech (CDU) mahnte, ein Volksentscheid über Stuttgart 21 wäre Rechtsbruch. Das Projekt sei durch vielfältige Beschlüsse des Landtags oder der Stuttgarter Regionalversammlung legitimiert. Es geht nach Rechs Worten nicht um die Angst vor Volkes Stimme: "Das Volk muss sich vor Politikern fürchten, die sich einen Dreck um die Verfassung scheren."

Vier Stuttgart-21-Gegner, die bei dem Polizeieinsatz im Schlossgarten Ende September schwer verletzt wurden, haben Klage gegen das Land Baden-Württemberg eingereicht. Mit der Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht solle die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes bei der Demonstration am 30. September geprüft werden, erklärte Kläger Alexander Schlager.

Neben ihm gehören auch Daniel Kartmann sowie Dietrich Wagner, dessen Foto mit blutigen Augenverletzungen von einem Wasserwerfer-Strahl um die Welt ging, zu den Klägern. Auf einem Auge wird er voraussichtlich dauerhaft blind bleiben. Der vierte Verletzte wollte ungenannt bleiben.