Diplomatisches Korps sei in Nazi-Zeit keine verbrecherische Organisation gewesen

Berlin. Der US-Historiker Christopher R. Browning hat das Auswärtige Amt gegen Kritik an dessen NS-Vergangenheit in Schutz genommen. "Ich halte den Begriff ,verbrecherische Organisation' für nicht sehr hilfreich", sagte Browning dem "Tagesspiegel". "Das Auswärtige Amt verhielt sich komplizenhaft, war aber sicherlich nicht in gleichem Maße wie die SS an der Endlösung beteiligt." Heute wird nach fünf Jahren Arbeit die Studie einer Historikerkommission veröffentlicht, die sich mit dem Verhalten von deutschen Diplomaten im Dritten Reich beschäftigt.

Browning hatte 1978 eine der ersten historischen Untersuchungen über die Beteiligung des Auswärtigen Amtes (AA) am Judenmord geschrieben. Die Historikerkommission bezieht sich in ihrer Studie auch auf seine Vorarbeit. Der Leiter der Kommission, der deutsche Historiker Eckart Conze, ging in Interviews so weit, das Außenministerium der damaligen Zeit als "verbrecherische Organisation" zu bezeichnen. In dem Abschlussbericht taucht eine solche Einschätzung aber nicht auf.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) verteidigte unterdessen die Würdigung von Ex-Diplomaten in offiziellen Nachrufen. Ein Sprecher Westerwelles stellte klar, dass "ehemalige Angehörige des Auswärtigen Amtes mit einer nationalsozialistisch belasteten Vergangenheit auch jetzt keine Würdigung in ihren Nachrufen" erhalten. Mit der Übergangsregelung könnten "alle übrigen ehemaligen Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes wieder eine Würdigung erhalten. Im Februar hat des AA einen Erlass von Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) aufgeweicht, wonach ehemalige NSDAP-Mitglieder im Amtsblatt "AA intern" nicht mehr gewürdigt werden.