Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich hinter die umstrittenen Äußerungen von CSU-Chef Horst Seehofer gestellt. Seehofer, der von der Opposition kritisiert wurde, stellte klar, dass es ihm nur um eine Begrenzung des Zuzugs ausländischer Fachkräfte gegangen sei.

Berlin/München. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich hinter die umstrittenen Äußerungen von CSU-Chef Horst Seehofer zur Zuwanderung gestellt. Die Kanzlerin halte Seehofers Worte für nachvollziehbar, sagte Vizeregierungssprecherin Sabine Heimbach am Montag vor Journalisten in Berlin. Seehofer, der von der Opposition kritisiert wurde, stellte klar, dass es ihm nur um eine Begrenzung des Zuzugs ausländischer Fachkräfte gegangen sei.

Nach Heimbachs Angaben hat Seehofer der Kanzlerin am Montag in einem Telefonat seine Haltung erläutert. Es gebe zwischen beiden keinen Dissens. Es solle zunächst das vorhandene Potenzial ausgeschöpft werden, auch durch Qualifizierung. Dies sei auch die Meinung der Kanzlerin. Heimbach verwies zudem auf die Freizügigkeit von Fachkräften aus anderen EU-Staaten, die ab dem kommenden Jahr auch für Menschen aus den mittelosteuropäischen Ländern gelten wird.

Seehofer hatte am Wochenende dem Magazin „Focus“ gesagt, die Integrationsfähigkeit von Zuwanderern hänge auch von ihrer Herkunft ab. „Es ist doch klar, dass sich Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen wie aus der Türkei und arabischen Ländern insgesamt schwerer tun. Daraus ziehe ich auf jeden Fall den Schluss, dass wir keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen brauchen.“

Der bayerische Ministerpräsident relativierte seine Äußerungen am Montag. Er habe sich in dem „Focus“-Interview „ausschließlich mit der Forderung nach Erleichterungen für den Zuzug von Fachkräften beschäftigt“, sagte er vor Journalisten in München. Zuallererst müsse in Deutschland dafür gesorgt werden, dass die hier lebenden Arbeitslosen in Arbeit kommen. Eine Entschuldigung für seine Äußerungen, wie sie die Türkische Gemeinde verlangt hatte, lehnte Seehofer ab.

„Ich bin sehr schockiert über die Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten“, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), der „Bild“-Zeitung vom Montag. Es gehe nicht an, „Menschen aus einem anderen Kulturkreis unter einen Generalverdacht zu stellen“. „Das grenzt aus und läuft allen Integrationsbemühungen zuwider“, kritisierte Böhmer. Zudem würden durch Seehofers Äußerung das grundgesetzlich garantierte Recht auf Ehegatten- und Familiennachzug sowie der Schutz politisch Verfolgter „in Frage gestellt“.

Auf Distanz zu Seehofer ging auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner. „Die Forderungen sind zu pauschal, weil sie nicht zwischen einem ungelernten Arbeiter aus Anatolien und einer Ärztin aus dem Iran unterscheiden“, sagte er in Berlin.

Seehofer sei „auf dem Holzweg“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Montag nach einer Sitzung des SPD-Präsidiums in Stuttgart. „Aber das wundert mich nicht“, fügte er hinzu. „Wir brauchen eine gesetzliche Zuwanderung mit Qualifikationskriterien“, verlangte der SPD-Chef weiter. Es gehe „nicht darum, was einer glaubt, sondern was er kann“.

„Ich schäme mich für das, was die CSU in den letzten Tagen geliefert hat“, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth in Berlin. Sie warf Seehofer „Brandstiftertum“ vor. Scharfe Kritik äußerte Roth auch an der Solidaritätserklärung Merkels für den CSU-Chef.

Die Linken-Migrationsexpertin Sevim Dagdelen erklärte: „Offenbar ist ein wahrer rechtspopulistischer Wettbewerb um Einwanderungsbegrenzung, Nützlichkeitsmigration und Sanktionsforderungen ausgebrochen.“ Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, bezeichnete Seehofers Äußerung in der „Berliner Zeitung“ vom Montag als „diffamierend und nicht hinnehmbar“.