Bundesweite Demonstration gegen Regierungsbeschluss geplant

Hamburg/Berlin. Kochlöffel und Töpfe sind aneinandergereiht wie Schwert und Schild. "Krach schlagen statt Kohldampf" steht daneben auf der Internetseite, mit der die Gegner der geplanten Hartz-Reform den Protest organisieren. Unter diesem Motto wollen Erwerbslose und Gewerkschafter gegen die Beschlüsse der Bundesregierung protestieren. Am 10. Oktober ist eine bundesweite Demonstration im niedersächsischen Oldenburg geplant. Mit Töpfen und Kochlöffeln wollen die Initiatoren lautstark auf die "unzureichenden Hartz-IV-Regelsätze" aufmerksam machen. Sie fordern mindestens 80 Euro monatlich mehr für Lebensmittel.

Nach der Wutwelle der Gewerkschaftsführer, der Präsidenten der Sozialverbände und der Oppositionspolitikerinnen tragen die Gegner der geplanten Hartz-Reform den Protest an die Basis. Schon heute wollen Tausende in Berlin gegen Hartz IV und die Gesundheitsreform protestieren. Union und FDP hatten vereinbart, dass der Hartz-IV-Regelsatz für Erwachsene im kommenden Jahr von 359 auf 364 Euro steigen soll. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, reihte sich ein in den Protest: "Wer soziale Kälte predigt, wird heiße Antworten bekommen", sagte Sommer der "Passauer Neuen Presse". Sommer sprach sich dafür aus, in die Berechnung des Hartz-IV-Satzes Genussmittel mit einzubeziehen. Man müsse doch schauen, unter welchen Bedingungen in Deutschland gelebt werde, sagte er. "Dazu gehören im Zweifelsfalle auch Genussmittel wie Zigaretten."

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat die Beschlüsse zu Hartz IV dagegen verteidigt. "Wir sind als bürgerliche Regierung angetreten, um zu entscheiden", sagte Westerwelle in Berlin. "Manche dieser Entscheidungen bringt Widerstand mit sich. Trotzdem ist es aber zum Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger dringend notwendig, dass auch die unbequemen Probleme angepackt und entschieden werden." Die Koalitionspartner von CDU und CSU haben die SPD vor einer Blockade der beschlossenen Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze im Bundesrat gewarnt. "Die SPD muss sich fragen, was geschieht, wenn sie dem Gesetz nicht zustimmt", sagte Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier. Man müsse wissen, wenn man das ablehnt, dann komme womöglich gar keine Erhöhung zustande. Laut dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) haben sich die SPD-regierten Länder noch nicht entschieden, ob sie die neuen Regelungen im Bundesrat blockieren wollen. Wenn die Bundeskanzlerin die Zweifel über die Berechnung der Regelsätze jedoch nicht ausräumen könne, sei das Nein unausweichlich, sagte Beck der "Bild".

Während die Debatte um die Folgen der geplanten Reform weiter anhält, sind nach Recherchen des ZDF Gerichtskosten für Hartz-IV-Verfahren drastisch gestiegen. Grund: die Zunahme der Verfahren. Laut Bundesagentur für Arbeit hätten sich die Gerichtskosten der Jobcenter zwischen 2006 und 2009 vervierfacht: von 7,43 Millionen Euro auf 30,59 Millionen Euro. "Wird der Gesetzentwurf samt dem Bildungspaket so umgesetzt, würde das eine deutliche Mehrbelastung der Städte und Gemeinden bedeuten", ergänzt Ronald Richter, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein. "Denn sie müssten künftig über die Abrechnung der Bildungsgutscheine für jeden Einzelfall entscheiden", sagte er dem Hamburger Abendblatt. Außerdem sind alle besonders gelagerten Fälle zu bearbeiten. So hat es das höchste deutsche Gericht gefordert."