Heutige Struktur der Bundeswehr birgt Gefahren für Soldaten im Einsatz

Berlin. Bei der Reform der Bundeswehr steht viel auf dem Spiel: Es geht um Milliardensummen, um Sicherheit und um Menschenleben. Auch in der Truppe drängen Fachleute auf drastische Veränderungen, kritisieren mehrere Stabsoffiziere, die namentlich nicht genannt werden wollen. Es gebe im Verteidigungsbereich "zu viele Häuptlinge und immer weniger Indianer", kritisieren sie.

Die Zahlen geben ihnen recht: 1992 dienten fast 470 000 Soldaten. Geführt wurden sie von 193 Generalen bei der Bundeswehr. Im Verteidigungsministerium saßen noch einmal 44 Generale. Seitdem hat sich bei der Truppe viel getan. Sie schrumpfte mit heute rund 251 000 Mann auf nahezu die Hälfte. Die Generalsebene erwies sich dagegen als zäh. Die Bundeswehr sparte ganze 29 dieser Spitzenpositionen ein, gerade einmal 15 Prozent. Im Ministerium sieht das Verhältnis noch schlechter aus. Dort sank die Zahl der Generale um einen auf jetzt 43. "Das Problem zieht sich durch alle Befehlsebenen. Dadurch gibt es aktuell zu viele Stabsoffiziere", kritisieren die Insider und ergänzen: "Wir haben das Problem mit den alten Männern, die oben Dienstposten besetzen, während uns unten Stellen fehlen."

Nach ihrer Einschätzung ist bei der Bundeswehr mit der Divisionsebene praktisch eine komplette Führungsstruktur zu streichen. "Die Divisionen werden nach Ende des Kalten Krieges nirgendwo mehr gebraucht", urteilen sie. Gleichzeitig müssten die darunter angesiedelten Brigaden gestärkt werden. "Das sind nämlich die, die in den Einsatz gehen", erklären die Offiziere.

Handlungsbedarf sehen die Stabsoffiziere auch bei der Beschaffung. "Dort sollten die Verantwortlichen weniger darüber nachdenken, wie sie etwas verhindern können, sondern sich darum kümmern, wie Abläufe zu beschleunigen sind", schimpfen die Offiziere. Da herrsche noch immer das alte Denken: "Erst zehn Jahre etwas entwickeln, bis es optimal ist, und dann stellt man es der Bundeswehr auf den Hof." Heute gehe es aber darum, den Soldaten im Einsatz gute Ausrüstung schnell zur Verfügung zu stellen. "Sie kann über Leben und Tod entscheiden."