Dem Bombenabwurf in Afghanistan folgte ein politisches Erdbeben in Berlin.

Berlin. Es waren folgenschwere Minuten, die sich vor einem Jahr in Nordafghanistan abspielten. In der Nacht zum 4. September wurden auf Befehl des deutschen Oberst Georg Klein hin zwei entführte Tanklaster in der Nähe von Kundus von US-Maschinen bombardiert. Dabei gab es nach offiziellen Angaben mehr als hundert Tote und Verletzte, unter ihnen auch zahlreiche Zivilisten. Die Auswirkungen des Angriffs lösten Berlin ein politisches Erdbeben aus.

Oberst Klein wurde aus Afghanistan abberufen. Ermittlungen der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe gegen ihn sowie disziplinarische Vorermittlungen wurden inzwischen eingestellt. Berichten zufolge leistet Klein derzeit Dienst in einer Kaserne in Sachsen.

Für den damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) bedeutete Kundus das Aus im Amt. Vollmundig hatte er zunächst den Angriff gerechtfertigt. Als immer mehr Einzelheiten über die Abläufe und insbesondere das Wissen um zivile Opfer im Verteidigungsministerium bekannt wurden, war Jung nicht mehr zu halten.

Auch sein Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) geriet in den Sog der Kundus-Affäre. Vor allem mit seiner Aussage vom November, der Angriff sei militärisch angemessen gewesen, die er einen Monat später wieder revidierte, und seiner Entlassung von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert, geriet er in Turbulenzen.

In Deutschland hält der Streit um den finanzielle Ausgleich für die Opfer unterdessen an. Der Bremer Anwalt Karim Popal, der nach eigenen Angaben die Familien von 113 Opfern vertritt, fordert jeweils 33 000 US-Dollar (28 000 Euro). Das Verteidigungsministerium will 5000 Dollar (3900 Euro) pro Opfer zur Verfügung stellen.