In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt ist das Risiko am höchsten. Rentner im Westen sind eher betroffen als im Osten

Wiesbaden. Immer mehr Menschen in Deutschland sind von Armut bedroht - besonders viele im Osten und Norden. Rund 14,6 Prozent aller Bundesbürger zwischen Flensburg und Füssen galten 2009 als armutsgefährdet. Das waren zwar nur 0,2 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr, von einer leichten Zunahme könne dennoch gesprochen werden, hieß es beim Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag.

Als armutsgefährdet gilt nach der Definition der Europäischen Union, wer von weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Bevölkerung lebt. Das sind für einen Alleinstehenden 801 Euro und für eine Familie mit zwei Kindern 1683 Euro, wie die Statistiker errechnet haben.

Deutliche Unterschiede gibt es danach in Deutschland noch immer zwischen Ost und West, aber auch weiterhin zwischen Nord und Süd. In den neuen Ländern und Berlin hat fast jeder Fünfte ein erhöhtes Armutsrisiko, im früheren Bundesgebiet sind es dagegen nur 13 Prozent.

Am geringsten ist die Gefahr, arm zu werden, in Bayern und Baden-Württemberg (je elf Prozent). Auch Hessen (zwölf Prozent) lag noch unter dem Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer. In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt ist die Armutsgefahr mit 23,1 und 21,8 Prozent am höchsten.

Am stärksten sind grundsätzlich die Erwerbslosen betroffen: Mehr als die Hälfte von ihnen hat ein besonders hohes Armutsrisiko. Innerhalb der Gruppe der Erwerbslosen ist Sachsen-Anhalt besonders stark betroffen: 70 Prozent der Menschen ohne Job stehen in diesem Bundesland an der Grenze zur Armut. Baden-Württemberg und Bayern kommen dagegen mit gut 40 Prozent erneut am besten weg.

Bei Alleinerziehenden und ihren Kindern sind mit 40 Prozent ebenfalls besonders viele gefährdet. Das Ost-West-Gefälle macht sich hier deutlich bemerkbar. Während in Hessen und Baden-Württemberg rund jeder Dritte von ihnen von Armut bedroht ist, ist es im Osten (außer Berlin und Brandenburg) mehr als jeder Zweite.

Bei Rentnern ist das Armutsrisiko hingegen im Westen höher: 13 Prozent der westdeutschen über 65-Jährigen und zehn Prozent der Ostdeutschen stehen statistisch an der Schwelle zur Armut. Das geringere Armutsrisiko der Ost-Rentner dürfte auf die längere Erwerbstätigkeit in DDR-Zeiten und die damit verbundenen höheren Renten zurückzuführen sein.

Berechnet man die Armutsgefährdung nicht am Durchschnitt der Bundes-, sondern der jeweiligen Landesbevölkerung, entsteht wegen der Einkommensstrukturen ein anderes Bild: Dann ist das Risiko, arm zu werden, in Hamburg (18,0 Prozent) und in Bremen (15,9 Prozent) am höchsten und in Thüringen (13,0 Prozent) am niedrigsten. Mit einem Anteil von 14 Prozent liegt der Norden etwas unter dem Bundesdurchschnitt (14,6 Prozent).