München/Kiel. Viele Patienten in Bayern stehen für zwei Tage vor verschlossenen Arztpraxen: Tausende Hausärzte protestieren seit gestern mit Praxisschließungen gegen die Sparpolitik von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). Der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes, Wolfgang Hoppenthaller, ging davon aus, dass sich zwischen 5000 und 6000 Hausärzte an dem Protest beteiligen und ihre Praxen zumachen. Die Mediziner kritisieren Röslers Plan, Sondervergütungen für Hausarztverträge zu kürzen. Viele Ärzte im Freistaat sehen deshalb sogar ihre Existenz bedroht. Die CSU steht hinter den Ärzten.

Die Hausärzte protestieren gegen Pläne Röslers, die finanziellen Mittel für sogenannte Hausarztverträge zurückzufahren. Das sind spezielle Verträge zwischen Krankenkassen und Hausärzten, die den betreffenden Medizinern bislang ein ordentliches Honorarplus bescheren. Idee des Modells: Der Hausarzt fungiert als eine Art Lotse im Gesundheitssystem - wodurch Kosten für unnötige Facharzt- oder Mehrfachuntersuchungen vermieden werden. Abgesehen von diesen Verträgen sind Hausärzte seit Jahren die Verlierer in den Honorarkämpfen der niedergelassenen Ärzte. So erhielten die bundesweit 50 000 Allgemeinmediziner 2009 nur 0,5 Prozent mehr Geld - im Ärzteschnitt waren es dagegen 7,2 Prozent.

Rösler sagte in der ARD: "Ich habe kein Verständnis dafür, wenn die Forderungen der Funktionäre auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten ausgetragen werden." Zudem seien gerade die bayerischen Hausarztverträge von den Maßnahmen und Planungen der Bundesregierung gar nicht betroffen. "Es geht darum, die zusätzlichen Honorarsteigerungen ein Stück weit zu begrenzen", erklärte Rösler. "Wir gehen davon aus, dass trotzdem noch mehr Geld für die hausarztzentrierte Vergütung zur Verfügung stehen wird. Aber eben nicht mehr eine Milliarde Euro, sondern vielleicht nur 500 Millionen Euro", sagte Rösler.

Hoppenthaller verteidigte die Praxisschließungen. Er warf Rösler eine "Vernebelungstaktik" vor, wenn dieser behaupte, bestehende Hausarztverträge seien gesichert. Es werde wohl keine Krankenkasse solche Verträge verlängern und die Leistung der Hausärzte damit höher honorieren, wenn die Verpflichtung dazu wegfalle. Der Vertrag mit der AOK Bayern beispielsweise laufe Ende 2011 aus. Er rief Rösler auf, auf die geplante Kürzung der Mittel für die Hausarztverträge zu verzichten.

Auch Hausärzte im Norden machen Front gegen die Sparpläne Röslers. Bei einem "Tag der offenen Praxis" sammelten sie Unterschriften und informierten die Patienten. "Wir wollen nicht das Geld für einen Zweit-Porsche, sondern eine faire, berechenbare Grundlage", sagte der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Schleswig-Holstein, Thomas Maurer. Wie viele Praxen an der Aktion bis heute teilnehmen, konnte er nicht sagen. Der Verband der Ersatzkassen und die AOK Schleswig-Holstein kritisierten die Aktion.