Schnarrenberger setzt sich nach Protesten der Wirtschaft gegen Schäuble durch

Berlin. Die Bundesregierung wird dem Staat bei der Aufteilung der Vermögenswerte bei Firmenpleiten nun doch keinen Vorrang einräumen. Im Koalitionsstreit um das sogenannte Fiskusprivileg setzte sich damit Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gegen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) durch. Die Staatssekretäre der Ministerien verständigten sich darauf, auf die Vorrangstellung des Staates zulasten anderer Insolvenzgläubiger zu verzichten und nach einem Ausgleich zu suchen, der dem Staat wie geplant jährlich 500 Millionen Euro Mehreinnahmen sichern soll. "Wir werden noch diese Woche zu einem Ergebnis kommen", hieß es gestern aus dem Justizministerium.

Über die Neufassung des Insolvenzrechts soll das Kabinett im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes am 1. September entscheiden. Bei ihrer Sparklausur hatten die Minister im Frühsommer entschieden, dass durch dieses Reformvorhaben der Bundeshaushalt jährlich um 500 Millionen Euro entlastet werden soll. Obwohl die Bedenken der Justizministerin bekannt waren, hatte vergangene Woche das Finanzministerium in dem Entwurf aber vorgeschlagen, dass bei Firmeninsolvenzen künftig der Fiskus, die Bundesagentur für Arbeit und die Sozialversicherungen vorrangig bedient werden sollen.

Der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) wie auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hatten gegen das ausgeweitete Fiskusprivileg protestiert. DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann sagte, die Rückkehr zum Fiskusprivileg würde "das Ziel des Sparpakets ad absurdum führen." Zudem würde es den Staat letztlich mehr kosten, als es ihm einbringe. "Das Fiskusprivileg ist aus gutem Grund vor Jahren abgeschafft worden, und dabei muss es bleiben", sagte er. Der VID warnte, kehre es zurück, werde für die Sanierung von Unternehmen kaum noch Kapital in den Firmen bleiben.