Passau. Der letzte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière (CDU), lehnt die Verwendung des Begriffs "Unrechtsstaat" für die DDR ab. "Ich halte diese Vokabel für unglücklich", sagte er der "Passauer Neuen Presse" anlässlich des 20. Jahrestags des Volkskammer-Beschlusses zum Beitritt der DDR zur Bundesrepublik. "Die DDR war kein vollkommener Rechtsstaat. Aber sie war auch kein Unrechtsstaat. Der Begriff unterstellt, dass alles, was dort im Namen des Rechts geschehen ist, Unrecht war."

Wenn die DDR ein Unrechtsstaat gewesen wäre, hätte im Einigungsvertrag nicht vereinbart werden können, dass Urteile aus DDR-Zeiten weiter vollstreckt werden können. "Auch in der DDR war Mord Mord und Diebstahl Diebstahl", sagte de Maizière. "Das eigentliche Problem waren das politische Strafrecht und die fehlende Verwaltungsgerichtsbarkeit."

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) hat de Maizière scharf zurechtgewiesen. Er halte de Maizières Äußerung "für abwegig und nicht nachvollziehbar", nach der die DDR kein Unrechtsstaat gewesen sei, sagte Neumann gestern bei einer Ausstellungseröffnung in der Gedenkstätte Marienborn. "Im Gegenteil - die DDR war ein Unrechtsstaat durch und durch", bekräftigte der Kulturstaatsminister. Sie habe ihren Bürgern fundamentale Rechte wie Reise-, Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit verwehrt.