Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat die Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Paare bei der Erbschaftssteuer als verfassungswidrig erklärt. In einem Grundsatzbeschluss entschied das Gericht gestern, dass die Ungleichbehandlung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Eine Schlechterstellung beim persönlichen Freibetrag und Steuersatz verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (AZ: 1 BvR 611/07 und 1 BvR 2464/07). Eingetragene Lebenspartner lebten ebenso wie Ehegatten "in einer auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft", hieß es in der Entscheidung. Deshalb lasse sich die Schlechterstellung nicht allein mit dem besonderen staatlichen Schutz von Ehe und Familie rechtfertigen. Auch ihnen komme bereits zu Lebzeiten das Vermögen ihres eingetragenen Lebenspartners zugute und sie erwarteten, den gemeinsamen Lebensstandard im Falle des Todes des Partners halten zu können.

Das höchste deutsche Gericht gab damit den Verfassungsbeschwerden eines Mannes und einer Frau statt, deren jeweilige Lebenspartner 2001 und 2002 gestorben waren.

Formell bezieht sich die Entscheidung allerdings nur auf Fälle zwischen der Einführung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften im Jahr 2001 und der Erbschaftssteuerreform 2008. Soweit jedoch homosexuelle Lebenspartner auch nach der Reform weiterhin in einer ungünstigsten Steuerklasse sind, ist diese Benachteiligung unzulässig. Eine völlige Angleichung bei Erbschaften hat die Bundesregierung in ihrem Entwurf für das Jahressteuergesetz 2010 vorgesehen. Sie muss nach dem Urteil des Verfassungsgerichts aber zudem bis Ende des Jahres eine gesetzliche Regelung für Altfälle aus den Jahren 2001 bis 2008 schaffen.

Die Entscheidung gilt als wesentlicher Schritt zur Gleichstellung schwuler und lesbischer Partnerschaften mit heterosexuellen Ehepaaren. FDP, Grüne und Linke fordern nun auch die Gleichberechtigung bei der Einkommenssteuer.