Leiharbeit auf Rekordniveau gestiegen. Parteien machen dagegen Front

Hamburg. Der im Juli deutlich gestiegene Anteil von Leiharbeitsstellen auf dem Arbeitsmarkt sorgt in den Parteien für Unmut. SPD-Vizevorsitzender Olaf Scholz fordert eine Reform der gesetzlichen Regelungen. Auch in der Union wächst die Skepsis gegenüber der Zeitarbeitsbranche. Die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Ingrid Fischbach (CDU) brachte Regulierungen der Zeitarbeitsbranche ins Gespräch. Fischbach sagte dem Hamburger Abendblatt: "Sollten die Arbeitgeber Zeitarbeit nicht als vorübergehendes Flexibilisierungsinstrument einsetzen, sondern stattdessen reguläre Beschäftigung dauerhaft mit Zeitarbeitnehmern ersetzen, dann muss die Politik über Regulierungen der Zeitarbeitsbranche nachdenken."

Auslöser für die Kritik sind die ausgeschriebenen Leiharbeitsstellen im Monat Juli. Demzufolge lag der Anteil der Leiharbeit bei den gemeldeten offenen Stellen bundesweit bei 32,9 Prozent. Das geht aus einem Schreiben der Bundesregierung an die Linken-Bundestagsabgeordnete Jutta Krellmann hervor, das dem Abendblatt vorliegt. Zum Vergleich: Im Februar lag der Anteil der Leiharbeitsstellen noch bei 26,3 Prozent. Noch drastischer wird der Anstieg in den absoluten Zahlen. Suchten im Februar die Firmen bundesweit noch 78 389 Leiharbeiter, waren es im Juli bereits 128 690. Hamburg ist im Ländervergleich Spitzenreiter. Dort waren im Juli 55,7 Prozent der Stellen, die der Bundesagentur für Arbeit gemeldet sind, für Leiharbeiter ausgeschrieben.

Der frühere Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sieht angesichts der neuen Zahlen dringenden Handlungsbedarf bei der Bundesregierung: "Wenn in Hamburg mehr als die Hälfte der bei der Arbeitsagentur registrierten offenen Stellen aus dem Bereich der Arbeitnehmerüberlassung stammen, dann hat das nichts mehr mit einem normalen Einsatz von Leiharbeitskräften zu tun", sagte Scholz dem Abendblatt. "Da geht es dann wohl vielfach um Lohndumping und die Begrenzung von Arbeitnehmerrechten. Deshalb müssen die gesetzlichen Regelungen zur Leiharbeit dringend reformiert werden", forderte der SPD-Politiker. Er betonte: "Wir brauchen eine Lohnuntergrenze. Und es muss gesetzlich festgelegt werden, dass die Leiharbeitnehmer nach kurzer Zeit des Einsatzes in einem Unternehmen immer den gleichen Lohn erhalten wie die fest angestellten Beschäftigten."

Wie Scholz fordert auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Jutta Krellmann, eine Begrenzung der Leiharbeit. "Wenn in einigen Bundesländern ein Viertel bis zu einem Drittel der angebotenen Arbeitsstellen Leiharbeit sind, zeigt dies, dass der von der Bundesregierung gefeierte Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt reine Augenwischerei ist", sagte sie. "Eine nachhaltige und soziale Arbeitsmarktpolitik würde Leiharbeit endlich wirkungsvoll begrenzen und die Gleichbehandlung von Stammbeschäftigten und Leiharbeitern durchsetzen."