Berlin. Die Union stellt ihren Kurs bei der Kurzarbeit wieder infrage. Erst vor einem Monat hatte die schwarz-gelbe Regierung beschlossen, dass Arbeitgeber bis März 2012 weiterhin leichte Kurzarbeit in Anspruch nehmen dürfen. Gestern nannte der Vizechef der Bundestagsfraktion, Michael Fuchs, in der ARD diese Verlängerung einen Fehler: "Ich könnte mir vorstellen, dass wir das noch mal ändern müssen." Der deutsche Arbeitsmarkt habe sich entspannt. "Die Kurzarbeit brauchen wir meiner Meinung nach nicht mehr", sagte Fuchs. "Es war ein exzellentes Instrument für die Krise."

Nach Einschätzung des Mittelstandspolitikers verzerrt die Möglichkeit, mithilfe von Kurzarbeit Entlassungen zu vermeiden, inzwischen den Arbeitsmarkt. Es gebe Bereiche, wo kurzgearbeitet werde, aber zugleich Facharbeitermangel herrsche: "Das sind Firmen, die bunkern so ein bisschen ihre Arbeitnehmer und wollen die nicht auf den Arbeitsmarkt entlassen, brauchen sie aber momentan nicht."

Bei Kurzarbeit bekommen Arbeitnehmer rund zwei Drittel ihres Lohns, der durch die Zwangspause ausfällt, von der Bundesagentur für Arbeit (BA) erstattet. Als besonderen Anreiz für die Unternehmen, von der Kurzarbeit Gebrauch zu machen, übernimmt die BA vom siebten Monat an auch die Sozialbeiträge auf Kurzarbeit in voller Höhe. Diese Ausnahmeregelung hatte der Bundestag Anfang Juli auf Betreiben der schwarz-gelben Regierungskoalition bis März 2012 verlängert.

Trotz einer Zahl von über 1500 Verdachtsfällen konnten die Behörden bisher kaum Missbräuche des Kurzarbeitergeldes nachweisen. "In über 600 Fällen haben wir das Verfahren eingestellt, da sich der Missbrauch nicht bestätigt hat", sagte das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, Raimund Becker. Wegen Missbrauchs der Kurzarbeit wurde nach Kenntnis der Bundesagentur bisher nur in einem Fall ein Unternehmen zu einer Strafzahlung verurteilt. "In Relation zu den über 60 000 Betrieben, die die Kurzarbeit genutzt haben, sind die Verdachtsfälle eine verschwindende Minderheit", sagte Becker. Man gehe trotzdem jedem Verdachtsfall nach.