Zentralrat der Juden und SPD kritisieren Vertreter der Vertriebenen im Stiftungsrat

Frankfurt/Main. Im Streit über den Anfang Juli neu besetzten Rat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" haben der Zentralrat der Juden und die SPD den Vertriebenenbund scharf angegriffen. Die vom Bund der Vertriebenen (BdV) entsandten Vertreter Hartmut Saenger und Arnold Tölg verträten "klar revanchistische Positionen", sagte der Außenpolitik-Experte der SPD-Bundestagsfraktion, Dietmar Nietan, der "Frankfurter Rundschau".

Äußerungen Saengers liege ein Gerüst zugrunde, "das man bei Revanchisten immer findet": Mit dem Hinweis auf - unbestreitbares - Unrecht gegen Deutsche würden die einzigartigen Verbrechen der Nazis relativiert, sagte Nietan. Entweder gebe es BdV-intern eine Art "Quotierung für Hardliner und Revanchisten", oder der Vertriebenenbund wolle die Stiftung bewusst dazu nutzen, Nazi-Verbrechen zu verharmlosen. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, sagte der Zeitung, die Entsendung Saengers und Tölgs in den Stiftungsrat sei "mit dem satzungsmäßigen Versöhnungsauftrag der Stiftung nicht vereinbar". Der Zentralrat werde die Ernennung nicht hinnehmen.

Ähnlich äußerte sich Silvio Peritore vom Vorstand des Zentralrats der Sinti und Roma. Er sprach von einem "Affront". Saenger und Tölg spielten die deutsche Schuld an Hitlers "Rassenvernichtungskrieg" herunter, sagte Peritore. Der Vertreter der katholischen Kirche im Stiftungsrat, Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, verlangte, die Stiftung müsse "endlich in Ruhe arbeiten können". Vertreter extremer Positionen in den Rat zu entsenden sei dafür ebenso schädlich wie aufgeregte Debatten, sagte Jaschke.

BdV-Präsidentin Erika Steinbach warf den Kritikern hingegen vor, Argumente zu manipulieren. Es handele sich um einen platten Versuch, in einer konzertierten Aktion den BdV in eine Reihe mit Geschichtsfälschern zu stellen.

Die Opposition hatte bereits Anfang Juli bei der Berufung der Mitglieder durch den Bundestag ihren Protest gegen die BdV-Vertreter formuliert und dem Wahlvorschlag für den Stiftungsrat nicht zugestimmt. Die Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" soll in Berlin eine Ausstellung und eine Dokumentationsstätte aufbauen, in der die Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs im historischen Kontext dargestellt wird.