Verteidigungsminister zu Guttenberg kontert Vertuschungsvorwürfe. Die USA leiten strafrechtliche Ermittlungen ein

Berlin/Washington. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat die Bedeutung der Veröffentlichung geheimer US-Dokumente zum Afghanistan-Krieg relativiert. Viele Dinge, die aus den Dokumenten bisher bekannt geworden seien, seien "nicht gänzlich überraschend", sagte Guttenberg im ZDF. Allerdings müsse jetzt zunächst der Inhalt aller rund 92 000 Unterlagen gesichtet werden.

Geprüft werde dabei auch, ob deutsche Sicherheitsinteressen betroffen seien. Zu Berichten über die US-Spezialeinheit Task Force 373 sagte Guttenberg, die Existenz dieser Einheit sei "jedem Informierten" und auch Fachjournalisten über Jahre hinweg bekannt gewesen. Die Bundesregierung gebe all ihr Wissen darüber auch an die Oppositionsparteien im Bundestag weiter. Die Unterrichtungen der Obleute seien aber aufgrund von Sicherheitserwägungen geheim.

Das Internetportal WikiLeaks hatte am Montag Zehntausende geheime Unterlagen zum Afghanistan-Krieg veröffentlicht. Nach Angaben des Magazins "Der Spiegel" zeigen die Unterlagen, dass die Lage in Afghanistan immer bedrohlicher wird, und sie belegen gezielte Tötungen von Rebellen durch die Task Force 373. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele forderte Aufklärung und sagte der "Neuen Presse", er wolle "die Wahrheit über das lesen, was die Bundeswehr konkret in Afghanistan treibt". Der Außenexperte der Linken, Wolfgang Gehrcke, rügte, entweder sei die Bundesregierung über die Lage in Afghanistan falsch informiert oder aber "Teil der Täuschungspolitik der USA". Das vom Bundestag erteilte Afghanistan-Mandat sei "hinfällig", weil es auf einer falschen, zumindest aber unzureichenden Informationsgrundlage beschlossen worden sei.

Die US-Regierung sucht indes weiter fieberhaft nach dem Informanten, der die hochsensiblen Daten an WikiLeaks weitergegeben hat. "Wir werden tun, was nötig ist, um die verantwortliche Person festzustellen", sagte ein Sprecher des Pentagons. Gestern hat die US-Armee zudem strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Die Untersuchung sei der Kriminaldivision der Landstreitkräfte übertragen worden. Diese hatte bereits Ermittlungen gegen den US-Soldaten Bradley Manning geführt, der im Mai verhaftet wurde. Er wird beschuldigt, WikiLeaks ein Video aus einem Armee-Hubschrauber weitergegeben zu haben, von dem aus 2007 in Bagdad mehrere Zivilisten getötet worden waren. Manning sei auch im aktuellen Fall eine "Schlüsselfigur", so das Pentagon.