162 300 fehlerhafte Bescheide im Jahr 2009

Berlin. Auch mehrere Jahre nach dem Start der Hartz-IV-Reform unterlaufen den Jobcentern noch immer Fehler beim Ausstellen der Hartz-IV-Bescheide. Wie aus der entsprechenden Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervorgeht, gab es 2009 laut Bericht der "Bild"-Zeitung 162 300 fehlerhafte Grundsicherungsbescheide.

Die Bundesagentur hatte wiederholt auf die häufigen Personalwechsel in den Jobcentern hingewiesen. Die komplexe Materie und die häufigen Gesetzesänderungen machten zudem eine intensive Einarbeitung der Mitarbeiter notwendig, hatte es geheißen. Trotzdem liege der Anteil der fehlerhaften Bescheide an den jährlich knapp 25 Millionen Bescheiden umgerechnet gerade einmal bei 0,7 Prozent.

Aus der Statistik geht weiter hervor, dass im Jahr 2009 jeder dritte Widerspruch gegen Hartz-Bescheide erfolgreich gewesen ist. 2009 wurden insgesamt 24 850 000 Bescheide ausgestellt. In 805 200 Fällen wurde Widerspruch eingelegt, 301 500 Widersprüchen wurde stattgegeben. In jedem zweiten Fall waren die Fehler darauf zurückzuführen, dass sich die Lebenslage des betroffenen Hartz-IV-Empfängers geändert hat, oder darauf, dass Unterlagen nachgereicht wurden. 142 700 Hartz-IV-Empfänger haben im vergangenen Jahr gegen ihre Bescheide geklagt, 55 800 bekamen vor Gericht recht.

Nach Ansicht der Linksfraktion im Bundestag gehören falsche Bescheide, Widersprüche und Klagen seit der Einführung von Hartz IV "zum Alltag" in den Jobcentern. "Das chaotische System, das von niemandem mehr durchschaut wird, hat zu einer Klageexplosion an den Sozialgerichten geführt", kritisierte Sabine Zimmermann, die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken. Das wies die Bundesagentur gestern zurück. Eine BA-Sprecherin sagte dem Hamburger Abendblatt, die Fehlerquote sei konstant geblieben.

Unterdessen protestieren nach Sozialverbänden und Mietervereinen nun auch die Kommunen gegen die von der Regierung geplanten Kürzungen beim Wohngeld. Der Deutsche Städtetag befürchtet zusätzliche Belastungen in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrages. "Das ist Haushaltssanierung des Bundes auf Kosten der Kommunen", sagte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Städtetages, Monika Kuban, dem "Spiegel". Sie forderte die Bundesländer auf, den Kürzungsplan im Bundesrat abzulehnen.

Bislang ist im Rahmen der Haushaltskonsolidierung vorgesehen, den Heizkostenzuschuss beim Wohngeld abzuschaffen. Die Bundesregierung erhofft sich dadurch Einsparungen in Höhe von 100 Millionen Euro pro Jahr und hat bereits eingeräumt, dass dadurch unmittelbare Auswirkungen auf die Haushalte von Ländern und Gemeinden zu erwarten seien.

Der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) forderte Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) inzwischen schriftlich auf, die beabsichtigten Einsparungen im Wohngeldrecht zu überprüfen. Ulbig verwies auf die Belastung für die Kommunen. Viele der Betroffenen würden dann wieder als Hartz-IV-Bezieher bei der Bundesagentur für Arbeit vorsprechen müssen. "Im Ergebnis", so Ulbig, "würden dem mit der Gesetzesänderung angestrebten relativ geringen Einsparvolumen beim Bund aufseiten der Kommunen ganz erhebliche Mehrkosten im Bereich Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe gegenüberstehen."