Die ARD zeigt Eichmanns letzte Jahre in einem neuen Dokudrama.

Hamburg. "Ich habe mich in keinster Weise zu rechtfertigen. Ich habe in keinster Weise mein Gewissen zu entlasten." Der Mann, der im Amtsdeutsch jegliche Anwürfe entrüstet von sich wies, war einer der Hauptorganisatoren des Holocaust, der fabrikmäßigen Ermordung von sechs Millionen Juden in Konzentrations- und Vernichtungslagern. Simon Wiesenthal, der legendäre Nazi-Jäger, hat den Holocaust einmal als Kombination aus Schafott und Aktenschrank bezeichnet.

Adolf Eichmann war sozusagen der Aktenschrank; der Leiter des zuständigen Referats im Reichssicherheitshauptamt in Berlin, organisierte die Vertreibung der Juden und ihren Abtransport in die Vernichtungslager. 1960 wurde er von Agenten des israelischen Geheimdienstes Mossad an seinem Fluchtort Buenos Aires entführt und nach Israel gebracht, wo ihm der Prozess gemacht wurde. Am 31. Mai 1962 wurde er hingerichtet.

Das Dokudrama "Eichmanns Ende - Liebe, Verrat, Tod", das die ARD an diesem Sonntag um 21.45 Uhr ausstrahlt, zeigt die letzten Jahre im Leben des Schreibtischmörders. Der 90-minütige Film basiert weitgehend auf Interviews, die der niederländische Journalist und Kriegsberichterstatter Willem Sassen - selbst früher ein SS-Mann - 1957 in Buenos Aires geführt und auf Tonband aufgenommen hatte. Sassen hatte gehofft, mit den Interviews Geld zu machen und den Boden für ein "Viertes Reich" in Deutschland zu bereiten.

Der Film von Regisseur Raymond Ley ist ein beklemmendes Zeugnis für die "Banalität des Bösen", wie die Politologin Hannah Arendt in Bezug auf Eichmann einmal sagte. Dies liegt nicht zuletzt an der brillanten Eichmann-Darstellung Herbert Knaups: Ein biederer, uncharismatischer Mann ohne jene dämonische Tiefe, die man angesichts der Ungeheuerlichkeit seiner Verbrechen vermuten könnte. "Nur so haben wir Schlimmeres verhütet", ruft er aus, Sätze, die selbst dem NS-Mitläufer Sassen - eindrucksvoll gespielt von Ulrich Tukur - die Sprache verschlagen.

Es sei "ungeheuer reizvoll" gewesen, in einer Zentralinstanz zu sitzen und "mithelfen zu können", schwärmt Eichmann. "Meine Aufgabe war es, die Juden in die KZs zu schicken. Mir ist völlig egal, wohin die kamen - von mir aus hätten die nach Madagaskar marschieren können oder eben nach Auschwitz zum Vergasen." Er habe die Juden transportiert, "sonst wären sie ja nicht zum Schlachten gekommen", räumt Eichmann ohne jede Reue ein, "ob das nun Bankdirektoren waren oder Geisteskranke, das interessiert mich nicht". Auf die Frage von Sassen, ob er den Befehl zur Vernichtung der Juden nicht hätte hintertreiben können, erregt sich Eichmann: "Ganz klar, ich hätte sabotieren können, aber dann wäre ich nicht nur ein Lump, sondern ein Schwein gewesen, das sich in die Reihe der Verbrecher des 20. Juli einreihen müsste". Eine gespenstische Debatte bricht aus zwischen Eichmann, der angesichts der überlebenden Juden bedauert, dass "wir unsere Arbeit nicht ordentlich erledigt haben", und Sassen, der dem "Führer" Adolf Hitler einen derartigen Massenmord gar nicht zutrauen will und den Holocaust eher leugnet.

Zu den unzähligen Todesopfern befragt, sagt Adolf Eichmann, es sei doch gar nicht "in unserem Interesse gewesen", dass das "Arbeitsmaterial als vollendete Nieten, als renovierbedürftig" an der Rampe in Auschwitz angekommen sei. Ein Idealist sei er gewesen, mitgedacht habe er. Dass er nur ein Handlager war, weist er weit von sich.

"Respekt, Ehre und Anstand" verlangt Adolf Eichmann, der Massenmörder, von seinem ältesten Sohn Klaus, genannt Nick. Die zum Scheitern verurteilte Liebesbeziehung zwischen Nick (Johannes Klaußner) und der schönen Sylvia, die sich in Buenos Aires im Bus kennengelernt haben, bildet den zweiten Handlungsstrang des Films neben den Sassen-Interviews. Diese tragische Liaison wird Eichmann eines Tages im Wortsinne den Hals brechen.

Sylvia (Henriette Confurius) ist nämlich ausgerechnet die Tochter des Holocaust-Überlebenden Lothar Hermann (Michael Hanemann) dem allmählich dämmert, wer der Vater seines Schwiegersohns in spe ist. Hermann, voller Hass auf die NS-Täter, zwingt Sylvia zum Verrat an Nick, informiert den hessischen Oberstaatsanwalt Fritz Bauer (Axel Milberg) - der sich seinerseits umgehend an den Mossad wendet -, und die Dinge nehmen ihren Lauf.

Dies tun sie allerdings quälend langsam, denn der Mossad kommt zunächst zu dem Ergebnis, Bauers Information sei falsch. In Israel kann man sich einfach nicht vorstellen, dass ein Hauptorganisator des Holocaust in derart bescheidenen Verhältnissen lebt.

Nur einmal lässt Eichmann im Film die kalte Maske fallen, wenn er von einer Visite im Vernichtungslager Auschwitz berichtet. Als er dort vergaste Juden "wie Schmorfleisch" auf glühenden Eisenrosten brennen sah, da sei er "ein unglücklicher Mensch" gewesen.

"Eichmanns Ende - Liebe, Verrat, Tod" , So 21.45 Uhr ARD