Der Außenminister sagt weitere Hilfen zu und setzt auf wirtschaftliche Zusammenarbeit

Hamburg/Kampala. Der Moment war denkbar ungeeignet. Gerade an dem Morgen, als Guido Westerwelle (FDP) als erster deutscher Außenminister auf einem Gipfeltreffen der Afrikanischen Union in der ugandischen Hauptstadt Kampala sprechen sollte, tauchten in seiner Heimat die Vorwürfe auf: Möglicherweise bilde die Bundesrepublik auch Kinder zu Soldaten für den Einsatz in Somalia aus, berichtete gestern die "Frankfurter Rundschau". Wie eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag ergeben habe, könne nicht ausgeschlossen werden, dass unter den Rekrutierten im Rahmen der EU-Trainingsmission in Uganda, an der sich die Bundeswehr beteiligt, auch Minderjährige seien.

Und so musste Westerwelle zunächst die Wogen in Deutschland glätten, bevor er seine Mission in Afrika fortsetzen konnte. Nein, sagte der Außenminister, es gebe keine Minderjährigen unter den somalischen Soldaten, die von ugandischen und europäischen Militärs ausgebildet werden. Und verwies sogleich darauf, dass die Kandidaten medizinisch untersucht würden, bevor sie an der Ausbildung teilnehmen könnten. In Zweifelsfällen seien die Bewerber abgelehnt worden.

Es ist das zweite Mal, dass der Außenminister nun Afrika besucht. Westerwelle sagte, das Bild des Kontinents in der Welt habe sich verändert. Afrika habe viele Probleme, aber auch große Chancen. "Die Fußball-Weltmeisterschaft hat zur Imagekorrektur des gesamten Kontinents beigetragen", sagte er. Deutschland verstehe sich auch als Geschäftspartner Afrikas und wolle die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den afrikanischen Ländern vorantreiben. Auch Andreas Mehler, Direktor des GIGA Instituts für Afrikastudien in Hamburg, bestätigt: "Für Deutschland ist es wichtig, sich auf dem afrikanischen Kontinent zu positionieren." Eine wichtige Rolle spielen dabei Rohstoffe. Energieträger wie Erdöl und Erdgas, aber auch Edelmetalle oder Uran befinden sich in den Lagerstätten des Kontinents. "In Afrika gibt es alles, was für die Industrie wichtig ist. Und durch die Konkurrenz von China und Indien hat sich der Wettbewerb verschärft", sagte Mehler dem Abendblatt.

Bei seiner Rede auf dem Gipfel der Afrikanischen Union (AU) hob Westerwelle die Bedeutung des 2002 gegründeten Staatenbundes hervor, dem alle Länder des Kontinents außer Marokko angehören.

In den wenigen Jahren habe die AU viel erreicht, so Westerwelle. Sie engagiere sich entschlossen für Frieden und Sicherheit und habe Staatsstreiche geächtet. "Die Afrikanische Union hat dem gesamten afrikanischen Kontinent mehr Gewicht verliehen", betonte Westerwelle. Dieses Gewicht müsse sich in Zukunft mehr als bisher im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen widerspiegeln. "Wir wollen eine ständige Mitgliedschaft für Afrika im Sicherheitsrat", sagte Westerwelle.

50 Jahre ist es nun her, seit sich 17 Staaten im sogenannten Afrikanischen Jahr für unabhängig erklärten. "Dabei haben sich die Länder jedoch äußerst unterschiedlich entwickelt", bilanziert Afrika-Experte Mehler. "Während Länder wie Botswana oder Südafrika in Sachen Wirtschaft und Demokratie einen großen Schritt nach vorn gemacht haben, hinken Länder wie Nigeria oder die Elfenbeinküste trotz ihres hohen Potenzials noch deutlich hinterher." Insgesamt sei jedoch vor allem die ökonomische Entwicklung enttäuschend. "Vielfach wurde die Armut nicht in den Griff bekommen."

Somalia ist dabei das größte Sorgenkind des Kontinents. Der Staat gilt nicht nur als einer der gefährlichsten und korruptesten der Welt, sondern ist auch von Bürgerkrieg und extremer Armut gezeichnet. Diese Probleme könnten jedoch nicht nur mit militärischen Mitteln gelöst werden, betonte Westerwelle gestern. Ebenso wichtig sei es, in humanitäre Hilfe, Entwicklung vor Ort und den Ausbau staatlicher Strukturen zu investieren. Westerwelle kündigte an, die humanitäre Soforthilfe um eine Million auf insgesamt 2,7 Millionen Euro zu erhöhen. Das Geld werde dem Roten Kreuz zur Verfügung gestellt.

Auch beim AU-Gipfel erinnerte Westerwelle an die Lage in Somalia und den deutschen Beitrag zur Stabilisierung des Landes. So ist die Bundesrepublik an der EU-Antipiratenmission Atalanta vor der somalischen Küste beteiligt. Westerwelle versicherte, die Deutschen wüssten, wie wichtig und erfolgreich Entwicklungshilfe sein könne. "Entscheidend ist aber weniger, wie viel Geld aus Europa nach Afrika fließt. Entscheidend ist vielmehr, dass die Staaten Afrikas ihre Zukunft in die eigenen Hände nehmen."

Am Nachmittag legte der Außenminister im Kyadondo Rugby Club in Kampala einen Kranz nieder. Am 11. Juli während des Finales der Fußball-WM starben dort mehr als 50 Menschen bei Bombenattentaten. Westerwelle verurteilte erneut die blutigen Anschläge. Er sagte, die Attentäter könnten mit Krieg und Zerstörung ein friedliches Miteinander in Afrika nicht verhindern.