Stefan Mappus (CDU) fordert längere AKW-Laufzeiten und facht den Streit in der Koalition neu an

Berlin. Trotz der bevorstehenden Sommerpause kommt die Berliner Koalition noch nicht zur Ruhe. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat gestern seine Forderung nach einem raschen Kohle-Ausstieg zugunsten der Atomenergie wiederholt und damit erneut gegen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) gestichelt. "Wir sollten den Ausbau der erneuerbaren Energien zunächst dafür nutzen, schneller aus Kohle und Gas auszusteigen und nicht am allerschnellsten aus der Kernenergie, wie es der Umweltminister gerne hätte", sagte Mappus der "Financial Times Deutschland". Die Atomkraftwerke sollten nach seiner Vorstellung mindestens 15 Jahre länger am Netz bleiben.

Während Röttgen selbst nicht reagierte, SPD, Grüne und Linke aber erwartungsgemäß protestierten, erhielt Mappus Unterstützung von FDP-Chef Guido Westerwelle. Die Atomenergie sei eine Brückentechnologie, sagte der Vizekanzler, "und wenn wir die Brücke zu kurz machen, dann stürzen wir ins Loch." Die Idee, "dass wir in fünf Jahren ausschließlich von Sonne und Wind und Wasser leben könnten", sei ebenso naiv. Mit Blick auf die Umfragewerte der Regierungsparteien - CDU/CSU und FDP liegen gemeinsam bei 35 Prozent - sprach Westerwelle von "Momentaufnahmen". Man gehe mit einer "durchaus ordentlichen Bilanz" in die Sommerpause". Als Beispiele nannte Westerwelle die Wirtschaftsentwicklung, den Sparhaushalt und die Gesundheitsreform, die er gegen Kritik aus der Union verteidigte. Die Umfragen, so der Liberale weiter, würden wieder anders aussehen, wenn die "guten Ergebnisse" der Regierungsarbeit im Vordergrund stünden, und nicht "Nebengeräusche, die man mal mit mehr oder geringerer Freude zur Kenntnis nimmt".

Für eins dieser Nebengeräusche sorgte gestern Ex-CDU-Generalsekretär Heiner Geißler. Das schwarz-gelbe Sparpaket rege ihn auf, sagte Geißler dem "Playboy". Mit dem FDP-Bein stehe die Regierung in der Vergangenheit, in der Zeit vor der Finanzkrise. Das dürfe so nicht bleiben. "Wegen solcher Kompromisse haben wir schon mal eine Bundestagswahl verloren."