Berlin. Die frühere Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) hat dem Jesuitenorden ein Sondergutachten über die Missbrauchsfälle in dessen Einrichtungen vorgelegt. In dem 20-seitigen Bericht kommt Fischer im Wesentlichen zu denselben Ergebnissen wie die von der deutschen Jesuitenprovinz bereits eingesetzte Missbrauchsbeauftragte Ursula Raue, bei der sich bis Ende 205 ehemalige Schüler gemeldet hatten. Fischer geht aber weit ausführlicher auf Konsequenzen ein.

In ihrem Gutachten bescheinigt Fischer dem Orden, dass er "ein aufrichtiges Interesse daran zeigt, dass die Aufklärung erfolgt und dass keine Ergebnisse verschwiegen werden, mögen sie auch noch so unangenehm sein". Bei den gemeldeten Fällen habe der Orden jedoch bis zur öffentlichen Thematisierung der Vorgänge als "pädagogische Institution und als moralische Autorität versagt". Dabei hätten die Verantwortlichen hinreichend Informationen zum Handeln gehabt, so die frühere Grünen-Politikerin. "Zu keiner Zeit wurde an die Kinder und Jugendlichen gedacht und Sorge getragen, ihnen zu helfen."

So habe der Orden etwa keine Vorkehrungen getroffen, um Wiederholungen zu verhindern. Versetzungen hätten zwar Aufmerksamkeit am jeweiligen Einsatzort verhindert, zugleich aber dazu geführt, dass die Täter weiterhin Gelegenheit bekommen hätten, Jugendliche zu missbrauchen.

Fischer gibt dem Orden auch Empfehlungen für seine künftige Arbeit. So solle er etwa die Ausbildung jesuitischer Lehrer überprüfen und alle Lehrer so ausbilden, dass sie wüssten, wie sie mit Klagen von Kindern über Missbrauchserlebnisse umgehen müssten.