Sparetat sei “Zeitenwende“. Opposition beklagt soziale Härten

Berlin. Nach den teils lähmenden Koalitionsstreitereien der vergangenen Wochen und Monate haben gestern CDU/CSU und FDP ihren ersten Haushalt auf den Weg gebracht. Das Kabinett beschloss den von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgelegten Sparetat für 2011. Er sieht Ausgaben von 307,4 Milliarden Euro vor, das sind zwölf Milliarden Euro oder vier Prozent weniger als 2010. Vorgesehen ist, dass nach der Rekordneuverschuldung in diesem Jahr von geschätzt 65,2 Milliarden Euro die Nettokreditaufnahme im kommenden Jahr auf 57,5 Milliarden Euro verringert wird. Insgesamt soll die Neuverschuldung bis 2014 um 41 Milliarden Euro auf 24,1 Milliarden Euro gesenkt werden.

Dieser Budgetentwurf ist der erste, den Union und FDP in Eigenregie vorlegen. Der Haushalt 2010 basierte noch auf den Vorarbeiten der Großen Koalition. Schäuble (CDU) zeigte sich gestern zufrieden. Der ehrgeizige Schuldenabbau sei alternativlos, sagte der Minister in Berlin. Die Bundesregierung sei entschlossen, die neue Schuldenregel einzuhalten, und auch die Zusage an die EU-Kommission hinsichtlich des Defizitabbaus habe sie fest im Blick.

Schäuble merkte dazu an, die Bundesbank habe der Regierung bescheinigt, dass sie die Vorgaben der Schuldenregel und zum Abbau des Defizits ohne Tricks erfülle. Vorwürfe, sein Sparpaket würge den Aufschwung ab, wies er zurück. Das Gegenteil sei der Fall. "Wir leisten einen Beitrag für nachhaltiges Wachstum." In dem rund 1200 Seiten starken Entwurf werden alle Einnahmen und Ausgaben der Bundesministerien und -behörden aufgelistet. Zahlreiche Details des Haushalts sind allerdings noch offen. Der Haushalt soll im November verabschiedet werden.

Die stärkste Beschneidung ist beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales geplant. Dort sollen die Ausgaben um fast acht Prozent auf rund 132 Milliarden Euro gekürzt werden. Vor allem Hartz-IV-Empfänger müssen massive Einschnitte hinnehmen.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sprach gestern vom "Beginn einer Zeitenwende". Und Otto Fricke, der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, sagte dem Hamburger Abendblatt: "Erstmals hat nun eine Bundesregierung bei wirtschaftlich ordentlichen Rahmenbedingungen einen an Ausgabensenkungen orientierten und deshalb nachhaltigen Konsolidierungskurs eingeschlagen. Dieser Weg ist zwar nicht einfach, aber dafür ehrlich und dauerhaft erfolgreicher." Erfreut nahmen die Liberalen zur Kenntnis, dass der Bundesfinanzminister Steuerentlastungen nach 2014 nicht ausschließen wollte. Dazu hatte Schäuble gemeint, die steuerpolitischen Vorstellungen der Koalitionspartner seien "ja nicht aus der Welt", man werde deshalb "daran arbeiten".

Die Opposition beklagte unterdessen die "bitteren sozialpolitischen Härten" des Entwurfs. "Gespart wird bei den sozial Schwachen", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann. Als Beispiel nannte er die Streichung des Rentenzuschusses für Langzeitarbeitslose.