Leipzig. Bei Paaren mit einer Veranlagung zu schweren Erbschäden dürfen Ärzte künftig im Reagenzglas befruchtete Eizellen auf Genschäden untersuchen und nur die gesunden Zellen für eine künstliche Befruchtung auswählen. Embryonen mit Gendefekt dürfen straflos verworfen werden, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) gestern (AZ: 5 StR 386/09).

Der 5. Senat des BGH in Leipzig erlaubte die sogenannte Präimplantationsdiagnostik (PID) allerdings nur bei den betroffenen Risikogruppen, weil durch diese Methode die Zahl der Abtreibungen schwerstbehinderter Kinder vermindert wird. Ansonsten könnten sich Frauen für eine legale Abtreibung entscheiden, wenn während ihrer Schwangerschaft eine Behinderung des Embryos festgestellt wird.

Ein darüber hinausgehender Einsatz der PID bleibt damit strafbar: Etwa der Auswahl von Embryonen, für die Geburt einer "Wunschtochter" oder eines "Wunschsohnes", ist mit dem Urteil "nicht der Weg geöffnet", betonte das Gericht. Im aktuellen Fall hatte sich ein Berliner Arzt selbst angezeigt, der die PID bei drei Risikopaaren mit Kinderwunsch angewandt hatte. Eine der Frauen wurde schwanger und brachte später ein gesundes Kind zur Welt.

Nach Ansicht der Berliner Staatsanwaltschaft hatte der Arzt mit der Selektion der Eizellen gegen das 1990 erlassene Embryonenschutzgesetz verstoßen, da nach deutschem Recht ein befruchtetes Ei bereits vom ersten Moment an als schützenswertes menschliches Leben gilt.

Der BGH sieht in der Anwendung der erst später entwickelten PID jedoch keinen Verstoß gegen den Sinn des Gesetzes. Es erlaube für eine künstliche Befruchtung auch die Auswahl von Spermien, um das Risiko bestimmter Erbkrankheiten bei Kindern zu vermindern, argumentierten die Richter.

Das Urteil hat bei Kirchenvertretern heftige Kritik hervorgerufen. Der Mainzer Moraltheologe Johannes Reiter sagte, die PID sei mit der Menschenwürde und dem Lebensrecht des Embryos nicht zu vereinbaren.