In Niedersachsen ist es Tradition, die eigene Familie in die politische Inszenierung einzubauen

Hannover. Jamie, 5, und die vierjährige Mia waren gestern im Landtag wohl eher unfreiwillige Hingucker: zwei kleine Mädchen in bunten Sommerkleidchen, die Farbtupfer bei der Wahl ihres Vaters David McAllister zum Ministerpräsidenten von Niedersachsen. Ob sie viel behalten werden von diesem Tag, sei dahingestellt. Die Fernsehsender zumindest waren außerordentlich dankbar für die Abwechslung zwischen dem vielen dunklen Zwirn. Und in einem Fernsehinterview verriet Ehefrau Dunja dann auch noch strahlend, ihr Mann sei "supernett und supersüß".

Zudem hat es in Niedersachsen eine lange Tradition, die eigene Familie ein Stück weit einzubauen in die Inszenierung von Ministerpräsidenten. Der damalige CDU-Regent Ernst Albrecht (1976 bis 1990) machte den Anfang mit Bildern seiner bis zu sechsköpfigen Kinderschar bei winterlichen Hausmusikabenden. Tochter Ursula von der Leyen hat es, derart trainiert, bekanntlich inzwischen zur Bundesarbeitsministerin gebracht. Auch ihre sieben Kinder gehörten zu Anfang ihrer Karriere ein Stück weit zu ihrem Imageplan. Der Ministerpräsident Gerhard Schröder (1990 bis 1998) zelebrierte zwar die Ehe mit seiner dritten Frau Hillu öffentlich, sie hatte sogar ein Büro in der Staatskanzlei und damit sogar Einfluss auf die Regierungsgeschäfte. Die kleine Tochter seiner neuen Ehefrau Doris und zwei später adoptierte Kinder aber hat das aktuelle Ehepaar Schröder stets rausgehalten.

Dagegen sprach Ministerpräsident Christian Wulff (2003 bis vorgestern) gerne über Tochter Annalena aus der ersten Ehe, sie verfolgte als 16-Jährige am Mittwoch auch von der Besuchertribüne des Reichstages aus die Wahl ihres Vaters zum Bundespräsidenten. Die Branche hofft jetzt auf Bilder der Patchworkfamilie Christian und Bettina Wulff mit zwei kleinen Kindern im Schloss Bellevue .