Die mühsame Wulff-Wahl gilt als Schwächung der deutschen Kanzlerin

Berlin. Die mühsame Wahl Christian Wulffs zum Bundespräsidenten ist im Ausland einhellig als schwere Schlappe für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wahrgenommen worden. "Ohrfeige, Denkzettel, Meuterei" lautet der Tenor. Die internationale Presse macht Auflösungserscheinungen in der schwarz-gelben Koalition nach dem Debakel in der Bundesversammlung aus. "Es war die kontroverseste Wahl eines deutschen Staatschefs seit dem Zweiten Weltkrieg", schreibt die spanische Tageszeitung "El Mundo".

Kanzlerin Merkel ist nach Ansicht vieler ausländischer Medien nach den Dauerkonflikten in der Koalition und dem jüngsten Wahlverlauf deutlich angezählt. "Deutschlands eiserne Lady steht nur noch auf wackeligen Beinen", kommentiert "Svenska Dagbladet" aus Stockholm. Die belgische Zeitung "De Standaard" orakelt: "Das Vertrauen in Merkel scheint erheblich abgenommen zu haben." Eine "beispiellose Schmach für die Kanzlerin" macht die italienische Zeitung "La Stampa" aus. Und der Wiener "Standard" zieht den Schluss, Merkels Autorität sei "so schwer angeschlagen wie noch nie zuvor".

Auch die französischen Medien sehen beim Nachbarn Deutschland die Regierung in Gefahr. "Es ist vor allem die extreme Unpopularität der Regierung, die die gestrige Demütigung erklärt", meint die französische Tageszeitung "Libération". Und "La Tribune" kommentiert: "Diese Wahl zeigt das Ausmaß der Not aufseiten der Koalition." Die russische Wirtschaftszeitung "Wedomosti" bilanziert kurz und bündig: "Koalition in Gefahr."

Der neue Bundespräsident steht im Ausland im Ruf, vor allem aus machtpolitischem Kalkül der Kanzlerin ausgewählt worden zu sein.