Fast 1500 Bußgeldverfahren gegen Arbeitgeber eingeleitet. Bauwirtschaft fordert, das Personal zur Überwachung aufzustocken

Berlin. Verstöße von Unternehmen gegen Mindestlöhne will Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nicht dulden. Sie kündigte am Freitag schärfere Kontrollen an, erteilte Forderungen nach schärferen Sanktionen aber eine Absage. Im vergangenen Jahr waren nach Zahlen ihres Ministeriums in der Bauwirtschaft mit knapp 700 000 Beschäftigten fast 1500 Bußgeldverfahren gegen Arbeitgeber wegen Mindestlohn-Verstößen eingeleitet worden. Etwa 200 waren es in der Gebäudewirtschaft. Die Zahlen hatte das Ministerium auf Anfrage der Grünen zusammengestellt.

Wenn Regeln nicht eingehalten würden, müsse konsequenter kontrolliert werden, sagte von der Leyen. Nach der Erhebung ihres Hauses, über die die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, sind Mindestlöhne inzwischen für 2,1 Millionen Arbeitnehmer in acht Branchen vereinbart. Von ihnen sind 800 000 als Gebäudereiniger und knapp 700 000 in der Baubranche beschäftigt. Ab 1. August dieses Jahres werden weitere 560 000 Mindestlohnberechtigte dazukommen. Dann tritt auch für Pflegekräfte in der sogenannten Grundpflege in Altenheimen und ambulanten Pflegediensten eine Gehaltsuntergrenze in Kraft.

Für die Überwachung der korrekten Bezahlung und die Suche nach illegal Beschäftigten sind dem Bericht zufolge derzeit 6400 Beamte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls zuständig. Sie müssen bis zu 70 000 Baustellen im Bundesgebiet prüfen.

Ein Sprecher des Arbeitsministeriums sagte zu den 1500 aufgedeckten Verstößen, dies sei "eine Zahl, die zu hoch ist". Die eingeleiteten Bußgeldverfahren zeigten aber auch, dass kontrolliert und dem Missbrauch nachgegangen werde. Um die Firmen konsequenter unter die Lupe zu nehmen, wolle man die Zahl der Kontrolleure um 150 aufstocken. Der Bundesregierung sei wichtig, dass Mindestlöhne im Interesse der jeweiligen Branche auch eingehalten werden.

Für die Vize-Vorsitzende der Linken, Katja Kipping, sind die Verstöße "keine Kavaliersdelikte". Mit dem Unterlaufen der Mindestlöhne würden hart arbeitende Menschen um ihren verdienten Lohn gebracht, die Einnahmen der Sozialsysteme geschmälert und die Binnenkonjunktur gebremst. Statt "Sozialschnüffler" in Wohngemeinschaften von Hartz-IV-Empfängern zu schicken, seien mehr Zollkontrolleure nötig.

Auch die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ) bezeichnete die geplante Personalaufstockung als "völlig unzureichend". Dies sei lediglich "ein Tropfen auf den heißen Stein". Bei einer Ausweitung des Mindestlohns auf weitere Branchen seien 500, wahrscheinlich aber eher bis zu 2000 neue Stellen nötig, sagte BDZ-Chef Klaus Leprich. IG-BAU-Chef Klaus Wiesehügel forderte, die Zahl dieser Stellen sogar um 4800 zu erhöhen.

Die ostdeutsche Bauwirtschaft forderte zumindest die sofortige Verdoppelung der Zollfahnder. "Die Bundesregierung hat bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit in Deutschland versagt", sagte der Geschäftsführer des Zweckverbunds Ostdeutscher Bauverbände (ZVOB), Wolf Burkhard Wenkel. Die 1500 Verstöße seien nur "die Spitze des Eisbergs". Die zu geringen Kontrollen kämen einer Einladung an Firmen gleich, "geltende Mindestlöhne zu unterlaufen".