Straßburg. Schallende Ohrfeige für die deutsche Justiz: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Bundesrepublik wegen vier unzumutbar langer Gerichtsverfahren zur Zahlung von insgesamt 24 000 Euro Schadenersatz verurteilt. Die Prozesse mit einer Dauer zwischen sieben und 17 Jahren hätten gegen Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen, der das Recht auf ein Verfahren "innerhalb angemessener Frist" festschreibt, urteilte das Straßburger Gericht.

Der dramatischste der vier Fälle ist ein Sorgerechtsstreit, in dem sich ein Vater neun Jahre lang vergeblich um Kontakt zu seiner unehelichen Tochter bemühte. Die Bundesregierung verteidigte die lange Verfahrensdauer mit dem Hinweis, dass psychologische Untersuchungen angestrengt und mehrere Experten bemüht werden mussten, weil die Mutter dem Kläger vorwarf, ihr gemeinsames Kind sexuell missbraucht zu haben. Der Menschenrechtsgerichtshof sprach dem Mann nun 7000 Euro Schadenersatz zu.

Noch länger zog sich ein Erbschaftsstreit hin. Der erstinstanzliche Prozess vor dem Düsseldorfer Landgericht dauerte von 1988 bis 1999, das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht weitere vier Jahre. Mit der Ablehnung seiner Verfassungsbeschwerde im Jahr 2005 ging das Verfahren endgültig zu Ende. Der Beschwerdeführer bekommt 11 000 Euro.