Er folgte auf den mehr oder weniger aus dem Amt gejagten Christian Wulff. Joachim Gauck ist seit 100 Tagen im Amt. Eine Chronologie.

Berlin. 18. März: Um 14.20 Uhr ist Joachim Gauck der elfte Bundespräsident. Mit überwältigender Mehrheit wurde er als Nachfolger des zurückgetretenen Christian Wulff im ersten Wahlgang von der Bundesversammlung in das höchste Staatsamt gewählt. „Was für ein schöner Sonntag“, eröffnet Gauck seine kurze Ansprache. Er wolle in seinem Amt „unbedingt mitwirken“, damit sich Regierende und Bevölkerung wieder einander annähern.

19. März: Im Schloss Bellevue macht Gauck sofort Nägel mit Köpfen. Er ernennt David Gill zum Chef des Bundespräsidialamtes. Wulffs Staatssekretär Lothar Hagebölling wird in den einstweiligen Ruhestand verabschiedet. Der 45-jährige Gill war zuvor stellvertretender Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik.

20. März: Der Arbeitsalltag beginnt in Leipzig. Gauck nimmt dort an der Festveranstaltung zu „800 Jahre Thomana“ teil.

23. März. In einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat wird Gauck vereidigt. Er fordert die Deutschen zu mehr Mut und mehr Vertrauen auf. Zugleich kündigte der Bundespräsident an, neben der Freiheit auch die soziale Gerechtigkeit zu thematisieren. Im Park von Schloss Bellevue wird er danach mit militärischen Ehren begrüßt.

26. März: Sein erster Auslandsbesuch führt das Staatsoberhaupt nach Polen. Gauck spricht vom „europäischen Land der Freiheit“.

29. März: Der mongolische Präsident Tsakhia Elbegdorj und seine Frau sind erste Staatsgäste von Gauck im Schloss Bellevue. Bei einem Staatsbankett am Abend ist auch Gaucks Lebensgefährtin Daniela Schadt dabei.

17. April: Bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel äußert sich Gauck optimistisch, dass das Bundesverfassungsgericht die Euro-Rettungschirme nicht „konterkarieren“ werden. Das wird ihm als Einmischung in die Rechtsprechung ausgelegt.

25. April: Gauck sagt eine Reise in die Ukraine ab. Hintergrund ist der Umgang mit der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko. Dafür bekommt Gauck Lob von allen Seiten.

03. Mai: Der Bundespräsident spricht für eine flexiblere Gestaltung des Rentenalters aus. „Ich wünsche mir, dass jene, die es wollen, länger im Beruf bleiben können“, sagt er beim Deutschen Seniorentag.

22. Mai: Bei der offiziellen Ernennung des CDU-Politikers Peter Altmaier zum Umweltminister lobt Gauck dessen umstrittenen Vorgänger Norbert Röttgen, der von Bundeskanzlerin Angela Merkel geschasst wurde. „Früher als andere haben Sie erkannt, es ist Zeit für die Energiewende. Dafür sind wir Ihnen dankbar“, sagt Gauck. Merkel steht daneben.

29. Mai: In Israel vermeidet Gauck Merkels Formel, das Existenzrecht Israels sei Teil der deutschen Staatsräson. Gauck erläutert: „Ich will nicht in Kriegsszenarien denken.“

30. Mai: Der Bundespräsident stellt in Jerusalem klar: „Wenn jemand gemeint hat, eine Distanz zwischen der Bundeskanzlerin und mir bei einer Wortwahl herauszulesen, dann wäre das ein Irrtum.“

31. Mai: Im „Zeit“-Interview sagt Gauck, er werde den Satz seines Vorgängers Wulffs, wonach der Islam inzwischen auch zu Deutschland gehöre, nicht übernehmen. „Aber seine Intention nehme ich an.“ Der Bundespräsident betont: „Ich hätte einfach gesagt, die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland.“

05. Juni: Gauck warnt bei der Energiewende vor einem „Übermaß an Subventionen“ und entfacht damit erneut eine kontroverse Debatte. Das „ehrgeizige Projekt, das sich Deutschland als führende Industrienation vorgenommen“ habe, werde „nicht gelingen allein mit planwirtschaftlichen Verordnungen“ Die FDP spendet umgehend Lob. Bei SPD-Umweltpolitikern wird Kritik laut.

12. Juni: Der Bundespräsident fordert eine stärkere gesellschaftliche Debatte über die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Militärische Gewalt, die„ immer auch ein Übel“ bleibe, sei sinnvoll, „um ihrerseits Gewalt zu überwinden oder zu unterbinden“. Die Frage gehöre „in die Mitte unserer Gesellschaft“ und dürfe „nicht allein in Führungsstäben und auch nicht allein im Parlament debattiert werden“.

21. Juni: Ein Novum: Das Bundesverfassungsgericht bittet den Bundespräsidenten öffentlich, das Gesetz zum Euro-Rettungsschirm ESM nicht zu unterschreiben, bis es über Eilanträge entschieden hat. Gauck akzeptiert. (dapd/abendblatt.de)