Der CSU-Chef würde auch bei einer Wahlniederlage 2013 weitermachen - und stichelt gegen Berlin

Hamburg. Im Online-Shop der CSU gibt es weiß-blaue Bayern-Flaggen, sogar Bikinis in den Farben des Freistaats stehen im Angebot. Und nun auch T-Shirts. Dort steht: "Das können Sie alles senden!" Das spiele an auf das "legendäre Interview" des Parteichefs Horst Seehofer im ZDF, heißt es im Netz. Seehofer hatte den in Nordrhein-Westfalen gescheiterten CDU-Kandidaten Norbert Röttgen scharf kritisiert, weil der Ex-Bundesumweltminister seine Zukunft im Falle einer Wahlniederlage offengelassen hatte. "Wie ein Eisbecher in der Sonne" sei die Zustimmung für die Union in NRW dahingeschmolzen, ätzte Seehofer. Und ja, das ZDF könne das alles senden!

Wer nach Muster für Seehofers Politikstil sucht, muss dieses Interview anschauen. Er ist laut, provokant, keine Stichelei ist ohne politische Hintergedanken. Seehofer liebt es, wenn er mit der weiß-blauen Peitsche aus Bayern die Koalition in Berlin zum Wackeln bringt. Und er hat damit auch Erfolg: Röttgen ist nicht mehr Minister der CDU. Auch wegen Seehofer.

Und Bayerns Regierungschef hört nicht auf. Jetzt knödelt er: "Wenn ich mich dafür entscheide, 2013 anzutreten, dann stehe ich auch für die komplette Amtszeit zur Verfügung - ob mich die Bevölkerung als Ministerpräsident will oder in der Opposition." Im Subtext schwingt eine letzte Stichelei gegen Röttgen mit. Seehofer meine es ernst, im Gegensatz zu Röttgen. Seehofer wolle in Bayern bleiben - zur Not auch in der Opposition.

Die CSU in Bayern in der Opposition? Das erschien in der Geschichte des Landes bisher so wahrscheinlich wie Kuba ohne Castro. Für den Politologen und früheren Direktor der Akademie in Tuzing, Heinrich Oberreuter, strahlt Seehofer mit seiner Ankündigung auch Unsicherheit in der CSU aus. Die innere Nervosität von Seehofer und der CSU sei größer als die Gelassenheit, die Seehofer nach außen demonstriere, sagte Oberreuter, selbst langjähriges CSU-Mitglied, dem Hamburger Abendblatt. Der Parteichef wolle nicht in die Geschichte eingehen als erster Spitzenkandidat, mit dem die CSU nur in der Opposition lande. Nach Umfragen ist die Oppositionsvariante allerdings nicht besonders wahrscheinlich: Zuletzt lag die CSU in Bayern bei 46 Prozent. Seehofers Aussage sei zwar konsequent nach der Attacke gegen Röttgen, sagte Oberreuter. "Aber sie ist kontraproduktiv." Er könne sich nicht hinstellen, die Macht der CSU und Bayerns bis in die Berliner Republik hinein sowie unbeugsame Zuversicht zu demonstrieren, um dann schon einmal demütig in die Opposition zu gehen.

Somit soll die Androhung der Wahlniederlage nicht nur nach Berlin, sondern auch in die eigene Partei wirken. Seehofer ist derzeit der einzig denkbare Spitzenkandidat. Und er will die Partei hinter seine Politik bringen. Er werde sich nur nominieren lassen, wenn die CSU seine Ideen zu Bürgerbeteiligung und mehr Transparenz mittrage. Es ist Seehofers zweite Drohung.

Seehofers dritte Drohung geht wieder in Richtung Berlin. Komme das umstrittene Betreuungsgeld nicht, trete seine CSU aus der schwarz-gelben Koalition aus, sagte Seehofer vor einigen Tagen. Die Kritik gegen ihn war groß. Die Hamburger FDP-Chefin Sylvia Canel warf Seehofer gar "Erpressung" vor. Der bayerische Löwe brülle, weil ihm die Felle davon schwimmen würden, hieß es an anderer Stelle. Ob Betreuungsgeld, Pkw-Maut oder Pendlerpauschale - immer wieder schießt Seehofer Störfeuer in Richtung Kanzlerin und Koalition. Er will damit die Unterschiede zur CDU deutlich markieren - und Bayerns Führungsrolle in der Republik manifestieren. Seehofer hat eine einfache Rechnung: Macht er die CSU stark in Berlin, ist er auch für die Partei in Bayern unverzichtbar.

Gerade erst musste Seehofer wieder eine Niederlage einstecken: Die Münchner entschieden sich im Bürgerentscheid klar gegen die dritte Startbahn des Flughafens. Die CSU hatte stark dafür geworben. Einziger Trost für Seehofer: Auch sein künftiger SPD-Gegenkandidat Christian Ude wollte den Bau der Startbahn. Er akzeptierte das Ergebnis leise. Horst Seehofer blies schon wieder zur Attacke: Das Milliardenprojekt werde weiterverfolgt.