Der Bundespräsident Joachim Gauck würdigt im Schloss Bellevue vor 400 geladenen Gästen den Einsatz junger Menschen für Demokratie.

Berlin. Als Joachim Gauck die Bühne betritt, hat das Thermometer die 30-Grad-Marke erreicht. Es ist zwölf Uhr mittags und die Sonne brennt von ganz oben mitten ins Gesicht des Bundespräsidenten. "Bevor ich anfange, würde ich mal bitte ...", sagt Gauck, bricht dann aber ab und tritt ein paar Schritte vom Mikrofon zurück. Er zieht jetzt seine Anzugjacke aus und entledigt sich seiner Krawatte. "Puh", ruft der Präsident, der jetzt ganz unpräsidial aussieht und einen spontanen Applaus der 400 jungen Gäste bekommt, die im Garten von Schloss Bellevue auf ihn gewartet haben.

Sie sind Schüler aus ganz Deutschland und wurden vom Bundespräsidenten und dem Bündnis "DemokatieErleben", das die Körber-Stiftung mit initiiert hat, zum "Demokratiefest" geladen. Gauck will sie damit ehren für ihr gesellschaftliches und politisches Engagement, für ihren Einsatz für die Demokratie. Er freue sich über junge Leute, die sich engagieren, sagt er, und Deutschland "Zutrauen an sich selber schenken". Aber er will auch mahnen: "Was ihr kennt an Demokratie, ist nicht selbstverständlich", sagt er und erinnert an seine Zeit als Jugendlicher in der damaligen DDR, als er mit 18 Jahren nicht wählen durfte, wie er gerne wollte. Als es ein "Spitzelwesen" an Schulen gab und wo "man durch Gehorsam und Gefolgschaft prima Karriere machen konnte", aber kaum durch Widerstand. Sein Hauptanliegen ist beim Demokratiefest deshalb, "dass ihr jungen Leute am Ball bleibt".

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Genau das hat auch Richard Haufe-Ahmels vor. Der 18-jährige Hamburger ist einer der Gäste im Bellevue und sitzt direkt am Tisch des Bundespräsidenten. In der Hansestadt hat er sich einen Namen mit einem Dokumentarfilm gemacht, denn er noch als Schüler über die aus Eppendorf stammende jüdische Holocaust-Überlebende Esther Bauer drehte. "Demokratie bedeutet für mich Freiheit, vor allem künstlerische Freiheit", sagt Richard. Etwa in einem Land wie China könne sich ein Künstler nicht so frei ausdrücken wie in Deutschland. Er will deshalb ab Herbst Theaterwissenschaften studieren und Regisseur werden - und so Demokratiebewusstsein verbreiten.

Linah Hein hat sich aus dem gleichen Grund für ihren Berufswunsch entschieden: Sie will Lehrerin werden. Die 18-Jährige geht auf die Ida-Ehre-Schule in Eimsbüttel und engagiert sich seit zwei Jahren in einem Austausch- und Hilfsprojekt für Sarajevo und baut in Hamburg das Projekt "Partizipia" mit auf, das politische Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche entwickelt. Mit 15 anderen Jugendlichen hat sie unmittelbar vor dem Demokratiefest mit Gauck drinnen im Schloss Bellevue diskutiert. "Es war spannend, mit Gauck zu sprechen. Er hat immer genau nachgefragt, und man hat gemerkt, dass er sich wirklich interessiert", sagt Linah. "Gleichzeitig ist er ganz locker, authentisch und lustig." Für sie ist das Demokratiefest vor allem Motivation. "Es wird gesehen, was wir machen. Das ist ein gutes Gefühl."

Beide Jugendliche sind sich einig, dass es "eine große Ehre" war, Gauck für einen Tag so nah zu sein. Richard, der mit einem Pullover viel zu warm für diesen Sommertag angezogen ist, hat augenzwinkernd noch einen anderen Vorteil erkannt: "Das Beste daran, am Tisch des Bundespräsidenten zu sitzen, war die Tatsache, dass es dort einen Sonnenschirm gab."