Im Jahr 2011 mussten etwa 4,3 Millionen Menschen fliehen. Verfassungsgericht verhandelt über Sozialleistungen für Asylbewerber.

Berlin/Genf. Krisen und Kriege in aller Welt zwingen weiterhin Millionen Menschen zur Flucht. Die Zahl der neuen Flüchtlinge ist im Jahr 2011 mit 4,3 Millionen sogar auf eine neues Zehn-Jahres-Hoch gestiegen, beklagt das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) in seinem gestern veröffentlichten Jahresbericht "Global Trends 2011". Die Gesamtzahl der Vertriebenen weltweit sei jedoch im Vergleich zum Vorjahr von 43,7 Millionen auf 42,5 Millionen leicht gesunken. Grund dafür ist eine große Zahl an Binnenflüchtlingen, die in ihre Heimat zurückgekehrt seien.

Libyen, Somalia und der Sudan - 2011 war ein Jahr zahlreicher humanitärer Krisen. Man könne dankbar sein, dass das internationale System zum Schutz von Flüchtlingen dem standgehalten habe und die Grenzen offen geblieben seien, hob Uno-Flüchtlingshochkommissar Antonio Guterres hervor. Die meisten Flüchtlinge stammten 2011 vor allem aus Afghanistan (2,7 Millionen), dem Irak (1,4 Millionen) und Somalia (1,1 Millionen). Acht von zehn Flüchtlingen blieben dabei in ihren Nachbarländern. Deutschland nahm mit rund 571 700 Menschen unter allen Industrienationen die meisten Flüchtlinge auf. Doch 80 Prozent der Flüchtlinge weltweit werden von Entwicklungsländern aufgenommen. Das Hilfswerk der deutschen Caritas erklärte gestern in Freiburg, es seien "oft die Menschen in bettelarmen afrikanischen Ländern, die die größte Solidarität mit den Opfern von Kriegen und Verfolgung zeigen".

+++ 800 000 neue Flüchtlinge +++

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt morgen über eine Vorlage des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, das die Regelsätze für Flüchtlinge als verfassungswidrig eingestuft hatte. Die Essener Richter hatten sich auf das Karlsruher Urteil zu den Hartz-IV-Regelsätzen bezogen, wonach die Höhe der staatlichen Sozialleistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums nachvollziehbar ermittelt und bedarfsdeckend sein muss. Dies sei beim Asylbewerberleistungsgesetz nicht der Fall. Flüchtlingsorganisationen und Wohlfahrtsverbände erwarten vom Bundesverfassungsgericht eine deutliche Korrektur der Regelsätze für Asylbewerber und Flüchtlinge. "Es ist beschämend, dass die Leistungen seit 1993 nie angehoben wurden", erklärte der Kölner Caritasdirektor Frank Johannes Hensel.