Der 41-jährige Referent im Bundesverteidigungsministerium konnte sich beim Parteitag in Neumünster mit 66,6 Prozent gegen Amtsinhaber Sebatian Nerz durchsetzen.

Neumünster. Der 41 Jahre alte Bernd Schlömer, Referent im Bundesverteidigungsministerium, vereinte 66 Prozent der abgegebenen Stimmen. Auf den zweitplatzierten Nerz entfielen 56 Prozent. Schlömer ist damit neuer Bundesvorsitzender der Piratenpartei. Zudem beschloss der Parteitag eine Erweiterung des Vorstands, lehnte eine Verlängerung der einjährigen Amtszeiten aber ab. Nach den Vorwürfen gegen die Piraten, Rechtsextreme in den eigenen Reihen zu dulden, setzte der Parteitag ein demonstratives Zeichen gegen die Verharmlosung des Holocaust.

Insgesamt hatten sich acht Kandidaten zur Wahl gestellt. Jedes Parteimitglied konnte für alle acht Bewerber, für mehrere oder für keinen seine Stimme abgeben. Deswegen erreichten sowohl Schlömer wie Nerz mehr als 50 Prozent der Stimmen.

Schlömer erklärte, er sehe seine zentrale Aufgabe darin, die Mitglieder für das Mitmachen zu begeistern. „Ich möchte für mehr Kooperation und Gemeinsamkeit werben“, kündigte er an. Zu möglichen Koalitionen äußerte er sich nicht. Erst müsse die Piratenpartei in die Parlamente kommen, und dann werde man weitersehen.

Inhaltliche Fragen spielten bis auf den Beschluss gegen rechtsextreme Tendenzen am Samstag kaum eine Rolle. Vorausgegangen waren Interviews eines Parteimitglieds während des Parteitags, in denen dieser das Leugnen des Holocausts als von der Meinungsfreiheit gedeckt erklärte. Auch sei der systematische Massenmord an Juden in seiner Bedeutung relativierbar. Nach diesem Vorfall beschloss die Versammlung ohne Gegenstimme einen Antrag, in dem es heißt: „Der Holocaust ist unbestreitbarer Teil der Geschichte. Ihn unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit zu leugnen oder zu relativieren, widerspricht den Grundsätzen der Partei.“

Bereits in der Vergangenheit hatten rechtsextreme Parteimitglieder und unbedachte Äußerungen wie der Vergleich des Aufstiegs der Piratenpartei mit der NSDAP für Unmut gesorgt. Der Piratenpartei war vorgeworfen worden, sich von diesen Tendenzen nicht ausreichend zu distanzieren.

Mit einer Reform der Bundesspitze reagierten die Piraten auf ihren explosionsartigen Mitgliederzuwachs seit dem vergangenem Jahr. Der Vorstand wird um einen zweiten stellvertretenden Parteivorsitzenden sowie um einen Beisitzer erweitert und umfasst damit neun Mitgliedern. Die Befürworter des Vorstoßes hatten erklärt, die Spitze der Partei brauche nach den Wahlerfolgen und den vielen Medienanfragen unbedingt eine personelle Verstärkung. Derzeit hat die Piratenpartei 28.600 Mitglieder. Erst am 12. April war die 25.000-Marke geknackt worden.

Ein Antrag, die Amtszeit der Parteichefs von einem auf zwei Jahre zu verlängern, verfehlte dagegen deutlich die Zwei-Drittel-Mehrheit für Satzungsänderungen. Befürworter einer längeren Amtszeit hatten argumentiert, dadurch bleibe mehr Zeit für die Entwicklung des unvollständigen Programms der Partei, weil nicht jedes Jahr eine Mitgliederversammlung sich mit der Kür eines neuen Chefs befassen müsse. Gegner führten ins Feld, eine zweijährige Amtszeit bedeute weniger Demokratie. „Es geht und Themen und nicht um Personen“, sagte ein Parteitagsteilnehmer.

Auch ein Antrag, die Trennung von Amt und Mandat einzuführen, wurde von den Parteitagsteilnehmern abgeschmettert. „Wir brauchen keine grüne Bevormundung“, sagte ein Mitglied in Anspielung auf die ursprünglich bei den Grünen eingeführte Regelung. (rtr)