Kanzlerin verteidigt umstrittene Maßnahme. CSU-Ministerin Aigner attackiert Arbeitgeberpräsidenten

Berlin. Im Streit um das Betreuungsgeld ist in der schwarz-gelben Koalition keine Lösung in Sicht. Der Kompromissvorschlag von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) für höhere Rentenansprüche von Müttern stieß bei Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) auf Widerstand. Dem Abendblatt sagte Bahr: "Familienleistung muss anerkannt werden. Aber wir haben heute schon Familienzeiten, die bei der Rente berücksichtigt werden. Das belastet den Bundeshaushalt nach Auskunft von Experten derzeit mit rund elf Milliarden Euro." Er wisse nicht, woher das zusätzliche Geld im Bundeshaushalt kommen solle, um höhere Rentenansprüche zu finanzieren. "Wir würden damit zukünftige Generationen belasten", kritisierte der FDP-Politiker. "Besser wäre es, den Ausbau der Kinderbetreuung voranzutreiben. Das unterstützt Familien am besten." Kauder hatte vorgeschlagen, mit dem Betreuungsgeld auch die Erziehungszeiten von Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, stärker bei der Rente anzurechnen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekannte sich klar zum Betreuungsgeld. Sie wandte sich dagegen, Eltern mit geringerem Einkommen unter Generalverdacht zu stellen. "Die allermeisten Menschen, unabhängig vom Einkommen, entscheiden verantwortungsbewusst, was für ihre Kinder richtig und wichtig ist", sagte sie dem "Westfalen-Blatt". Merkel konterte damit Vorwürfe von Opposition, FDP und Teilen der CDU, das Betreuungsgeld verleite Eltern mit schwächerem Einkommen dazu, ihre Kinder von Bildungsangeboten der Kitas fernzuhalten.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kritisierte in der "Rheinischen Post" Vermutungen als "verlogen", das Betreuungsgeld halte besonders förderungswürdige Kinder von Kitas fern. "Dieselben Politiker von SPD und Grünen, die jetzt davor warnen, dass Eltern das Betreuungsgeld nur für Alkohol und Zigaretten ausgeben, konnten im Streit um eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze nicht genug kriegen", so Gröhe.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) griff derweil Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt nach seiner Kritik am Betreuungsgeld scharf an: "Statt das Betreuungsgeld abzulehnen, sollte der Arbeitgeberverband lieber dafür sorgen, Müttern bessere Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten", sagte Aigner dem Abendblatt. "Es gibt so viele hervorragend qualifizierte Mütter, die von Teilzeit auf Vollzeit aufstocken wollen, aber keine Chance dazu bekommen oder keine Stelle finden." Hier gebe es ein großes Potenzial, das man nicht brachliegen lassen dürfe.

Hundt hatte zuvor das Betreuungsgeld abgelehnt und den Vorschlag zurückgewiesen, die Einführung mit einer Erhöhung der Rentenansprüche für Mütter zu koppeln. Aigner sagte, ein erhöhter Rentenanspruch habe unmittelbar zwar nichts mit dem Betreuungsgeld zu tun, der Vorschlag sei jedoch nachvollziehbar. "Es lässt sich schwer erklären, warum Kinder, die vor 1992 geboren sind, einen anderen Stellenwert haben sollen als Kinder, die nach 1992 geboren wurden."