Eltern des Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt schildern, wie ihr Sohn ihnen entglitt

Hamburg/Jena. Sie zeigen Courage, sie ziehen sich in ihrer Verzweiflung und Ratlosigkeit nicht sprachlos zurück: "Wir sind die Familie des Täters", sagt die Mutter von Uwe Böhnhardt, einem der drei Neonazis, die als Zwickauer Terrorzelle zehn Menschen ermordet haben sollen. In einem Interview der ARD-Sendung "Panorama"offenbaren die in Jena lebenden Eltern des mutmaßlichen Mörders ihre Gefühle und ihr Scheitern bei der Erziehung ihres Sohnes. Sie erzählen von einem Uwe, der Schulprobleme hatte, zum Kleinkriminellen wurde und in die rechtsextremistische Szene abglitt.

"Er war unser Jüngster, Kleinster, das Nesthäkchen", sagt die Mutter, die über geheime Treffen mit ihrem Sohn berichtet, als das Trio längst im Untergrund lebte, und offenbart skurrileDetails. Beim letzten Treffen im Frühjahr 2002 habe sie auf Wunsch vonBeate Zschäpe - nach Uwe Mundlos die Dritte im mörderischen Bund - Rezepte der Lieblingsplätzchen ihres Sohnes mitgebracht.

Wie Mundlos, der als intellektueller Kopf des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) galt, stammt Böhnhardt aus einem Akademikerhaushalt. Seine Mutter Brigitte war Lehrerin, sein Vater Jürgen Ingenieur. Laut "Süddeutscher Zeitung" soll Zschäpe gesagt haben, es sei unverständlich, dass sich die beiden Uwes so entwickelt hätten, sie hätten schließlich ein "behütetesElternhaus gehabt". In Jena galt es als offenes Geheimnis, dass die Rechtsextremisten, die in den beiden Plattenbaugebieten Winzerla und Lobeda aufgewachsen sind, aus "guten Elternhäusern" stammen. Die Erwartung von Böhnhardts Mutter, Schulamt oder Polizei hätten ihrem Sohn frühzeitig einen "Schuss vor den Bug" geben müssen, hatte sich nicht erfüllt.

Sie offenbart in dem Interview einiges, was sie zuvor den Ermittlern gesagt hat. Bereits vor Wochen war dieRede davon, dass die Eltern vom Zeitpunkt des Untertauchens des Trios Ende 1998 bis 2002 Verbindungen zu ihrem Sohn und seinen beiden Komplizen gehabt hätten. In diesem Zeitraum hatte das Morden bereits begonnen: Am9. September 2000 sollen die Neonazis in Nürnberg einen Menschen erschossen haben, im Jahr darauf drei Morde begangen haben. Nach 2002 brach die Verbindung zu ihrem Sohn, so dieMutter, ab.

Wie viele Kontakte es zu den im Untergrund Lebenden gab, bleibt offen. Über ein Treffen im Jahr 2000 sagt Brigitte Böhnhardt: "Unser Sohn und Beate Zschäpe haben gesagt, sie würden sich stellen. Aber der Uwe Mundlos war nicht bereit." Von den Morden wussten die Eltern nach eigenen Angaben nichts. "Ich denke jeden Tag an dieOpfer, immer", sagt die Mutter.

Über das letzte Mal, als sie ihr "Nesthäkchen" sah, sagt Brigitte Böhnhardt: "Dass sie uns umarmen können und haben schon vier Menschen getötet. Das kann ich bis heute nicht fassen." Die Eltern könnten die Angehörigen der Opfer nicht um Verzeihung bitten. "Man kann das nicht verzeihen."