Ein Arbeitnehmer zahlte 2011 im Schnitt 9943 Euro an Staat und Pflichtversicherungen

Berlin. Die Abzüge durch Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge sind im vergangenen Jahr für Arbeitnehmer so stark gestiegen wie seit 16 Jahren nicht mehr. Zugleich waren die Sozialkassen im Jahr 2011 gut gefüllt. Die Sozialversicherungen nahmen nach Zahlen des Bundesarbeitsministeriums und des Statistischen Bundesamtes 13,8 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben. Das waren 10,9 Milliarden Euro mehr als 2010.

Durchschnittlich 9943 Euro zahlte ein Arbeitnehmer im vergangenen Jahr an Staat und Sozialkassen - so viel wie nie zuvor. 2010 beliefen sich die Abzüge noch auf 9390 Euro. Damit sind die Lohnabzüge für Steuern und Sozialabgaben um 553 Euro im Jahr und damit 5,9 Prozent gestiegen.

Besonders stark nahm demnach die Lohnsteuer zu. Im Schnitt kassierte der Staat 300 Euro mehr als im Vorjahr. Der durchschnittliche Nettorealverdienst lag dadurch mit 17 650 Euro sogar niedriger als im Jahr 2010 (17 666 Euro).

Auch die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung waren besonders gut gefüllt. Im vorigen Jahr seien die Einnahmen um 5,5 Prozent auf 190 Milliarden Euro gestiegen, teilten die Statistiker mit. Zugleich seien die Ausgaben nur um 2,2 Prozent gestiegen. Der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Wolfgang Stadler, forderte, mit den Überschüssen soziale und gesundheitliche Ungleichheit abzubauen. Anfang 2011 waren zwei Gesetzesänderungen in Kraft getreten: das Arzneimittelsparpaket und die Gesundheitsreform 2011, mit der der Beitragssatz von 14,9 auf 15,5 Prozent erhöht wurde.

Die Rentenversicherung verbuchte im vergangenen Jahr ein Plus von 4,4 Milliarden Euro, in der Pflegeversicherung summierte sich der Überschuss auf 300 Millionen Euro. In der Arbeitslosenversicherung ergab sich hingegen ein Defizit von 100 Millionen Euro. Insgesamt lagen die Einnahmen der Sozialversicherungen im vergangenen Jahr bei 526,1 Milliarden Euro, 2,1 Prozent mehr als noch 2010.

Das Arbeitsministerium verwies darauf, dass die durchschnittlichen Bruttolöhne der abhängig Beschäftigten 2011 um rund 3,3 Prozent gestiegen seien. Infolgedessen sei auch die Lohnsteuer merkbar gestiegen, was durch Progressionseffekte verstärkt worden sei. Die Beitragssätze seien für dieArbeitnehmer um 0,4 Prozentpunkte gestiegen.

Handwerkspräsident Otto Kentzler verlangte gerade für kleinere und mittlere Einkommen mehr Netto vom Brutto. "Bei den jetzt steigenden Löhnen und Gehältern muss der Staat endlich mit Maßnahmen gegen die kalte Progression dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer tatsächlich von den Einkommenssteigerungen profitieren, und nicht nur das Steuersäckel", sagte er. Er setze darauf, dass die entsprechende Initiative der Bundesregierung nicht am Bundesrat scheitern werde.

Für das laufende Jahr rechnet das Arbeitsministerium mit einer Entlastung der Arbeitnehmer. Die Beitragssätze für die Rentenversicherung wurden zu Jahresbeginn um 0,3 Prozentpunkte gesenkt.