Bundesverwaltungsgericht untersagt Nachtflüge. Fluglärm-Gegner bezeichnen das Urteil als “Anfang des Weges in die richtige Richtung“.

Leipzig/Frankfurt. Anwohner des Frankfurter Flughafens wollen trotz der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts für ein Nachtflugverbot ihren Protest fortsetzen. Das Urteil könne „nicht der Endpunkt, sondern nur der Anfang des Weges in die richtige Richtung sein“, sagte die Sprecherin des Bündnisses der Bürgerinitiativen (BBI), Ingrid Kopp, am Mittwoch. In einem ergänzenden Planergänzungsverfahren werde das Bündnis weiterhin fordern, dass zwischen 22.00 bis 6.00 Uhr völlige Ruhe herrsche, die Flugbewegungen insgesamt gedeckelt würden und die neue Landebahn auf den Prüfstand komme. SPD und Grüne werten das Urteil als Erfolg zum Wohl der Bevölkerung.

+++Tausende Menschen protestieren gegen Fluglärm+++

+++Nachtflugverbot für Frankfurter Flughafen greifbar nah+++

Das Bundesverwaltungsgericht hatte am Mittwoch Nachtflüge am Frankfurter Flughafen untersagt. Die vom Land Hessen genehmigten Flüge zwischen 23 Uhr und 5 Uhr seien nicht erlaubt, erklärte der Vorsitzende Richter Rüdiger Rubel am Mittwoch. In der Ausbaugenehmigung für das wichtigste deutsche Luftverkehrs-Drehkreuz hatte das Bundesland durchschnittlich 17 Ausnahmen vom Nachtflugverbot zugelassen. Mit ihrem Spruch machten die Richter in Leipzig zugleich auch den Weg für die weitere Entwicklung des größten deutschen Verkehrsflughafens frei, weil sie auch die Revisionen von Anliegern gegen das Urteil der Kassler Richter verwarfen.

Bereits der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel hatte die vorgesehene Nachtflugregelung in Frankfurt beanstandet, weil sie Anwohnern nicht genügend Schutz vor Lärm biete. Diese Entscheidung wurde vom obersten deutschen Verwaltungsgericht bestätigt. Hessen muss nun den Planfeststellungsbeschluss, eine Art Baugenehmigung, nachbessern. Wie lange dieses Verfahren dauert, ist unklar.

Die hessische Landesregierung hatte bereits vor dem Urteil angekündigt, auch ein komplettes Nachtflugverbot umsetzen zu wollen, wenn dies rechtlich möglich sei. Derzeit gilt noch ein vorläufiges Nachtflugverbot, das der VGH in Kassel zur Inbetriebnahme einer neuen Landebahn im vergangenen Oktober verhängt hatte.

Mit dem Leipziger Urteil hat ein jahrelanger Rechtsstreit um den Frankfurter Flughafen ein vorläufiges Ende genommen. Ende 2007 hatte das Land die vierte Landebahn und den damit verbundenen Ausbau genehmigt. Der Widerstand gegen das Großprojekt war zuletzt im Rhein-Main- Gebiet stark gewachsen. An Montagabenden versammelten sich seit Monaten jeweils mehrere tausend Demonstranten im Flughafen. Die Initiatoren haben aber schon angekündigt, dass die Proteste auch nach dem Leipziger Urteil weitergehen sollen. Ziel sei es, auch tagsüber den Lärm zu verringern.

Fluggesellschaften haben dagegen immer wieder auf die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens verwiesen. Aus ihrer Sicht sind Nachtflüge – vor allem wegen des Frachtverkehrs – unverzichtbar. Im vergangenen Herbst hatte sich das Bundesverwaltungsgericht schon einmal mit Nachtflugregelungen beschäftigt, damals ging es um den künftigen Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg. Nach dem Urteil sind dort zwischen 22.00 Uhr und Mitternacht sowie zwischen 5.00 und 6.00 Uhr durchschnittlich 77 Starts und Landungen erlaubt, maximal 103. Von 0.00 Uhr bis 5.00 Uhr gilt ein weitgehendes Nachtflugverbot.

"Guter Tag für die Menschen"

Infrastrukturstaatssekretär Jürgen Häfner (SPD) sprach von einem „guten Tag für die Menschen im Rhein-Main-Gebiet“. „Das Gericht hat anerkannt, dass der unerträgliche Lärm für viele nicht mehr hinzunehmen ist“, teilte Häfner mit. „Der Kampf für das Nachtflugverbot in Frankfurt hat sich gelohnt.“ Das Engagement gegen den Fluglärm sei damit aber nicht zu Ende, weil der Lärm noch immer unzumutbar sei. Häfner forderte, dass die Flugbewegungen vor und nach den Kernzeiten der Nacht strikter begrenzt werden müssten. „Die Lärmbelastung muss generell gerechter verteilt werden.“ Für mehr Lärmschutz und eine größere Beteiligung bei der Festlegung von Flugrouten seien Gesetzesinitiativen geplant.

SPD-Fraktionschef Hendrik Hering wertete das Urteil als großen Erfolg zum Wohl der Bevölkerung. „Der Richterspruch für ein dauerhaftes Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen zeigt: Wirtschaftliche Interessen dürfen nicht über das Interesse der Menschen an gesundheitlicher Unversehrtheit gestellt werden“, teilte er mit. Hering verlangte verbindliche Lärmgrenzen und eine Obergrenze für Flugbewegungen. Er schlug einen „Fluglärmgipfel“ der Länder Rheinland-Pfalz, Hessen und der Bürger vor. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Daniel Köbler nannte die Entscheidung eine „Klatsche für die hessische Landesregierung“. „Das Bundesverwaltungsgericht zwingt Schwarz-Gelb nun, den begangenen Wortbruch zurückzunehmen.“ Die Politik der hessischen Regierung sei einseitig auf die Wirtschaft fokussiert.