FDP und Umweltminister für höhere Entlastung der Bürger, Kanzlerin Merkel dagegen. Grüne: “Die Zeit des billigen Öls ist vorbei“

Hamburg/Berlin. Der Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen und die FDP auf der Suche nach einer Profilierung befeuern die Diskussion um die Pendlerpauschale. Das führt zu kuriosen Positionen. So hat sich Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) für die Erhöhung der Entfernungspauschale von derzeit 30 Cent pro Kilometer ausgesprochen. Röttgen kandidiert bei der Landtagswahl am 13. Mai als Ministerpräsident in NRW. Als Mitglied der Bundesregierung müsste Röttgen eine Erhöhung der Pauschale ablehnen.

Denn Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht trotz gestiegener Benzinpreise keine Veranlassung, den Pendlern ein Steuergeschenk zu machen. "Die Bundesregierung kann den Ärger vieler Autofahrer verstehen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Pauschale habe aber nichts mit den Benzinpreisen zu tun, sondern werde unabhängig vom Verkehrsmittel auf dem Weg zur Arbeit gezahlt.

Der Sprecher von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sagte dagegen, sein Haus halte an der Forderung nach einer höheren Pendlerpauschale fest. Das könne ein Thema beim nächsten Koalitionsausschuss von Union und FDP werden. "Die Arbeitnehmer leiden erheblich unter den Mobilitätskosten", sagte der Sprecher Röslers. Kanzler-Sprecher Seibert sagte dagegen, die Pendlerpauschale diene nicht dazu, "die tatsächlichen Wegekosten abzudecken". Bei hohen Benzinpreisen sei das Wettbewerbsrecht das geeignete Mittel, um Marktmissbrauch im Mineralölbereich zu begegnen. Wahlkämpfer Röttgen räumte ein, dass der Staat versuchen müsse, die Mineralölkonzerne "an die Kette zu legen". Aber: "Wenn das nicht in absehbarer Zeit gelingen sollte, dann darf der Staat die Bürger nicht im Regen stehen lassen." Dann müsse die Pauschale erhöht werden.

Auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) hat Entlastungen für Berufspendler gefordert. "Aufgrund der erhöhten Mineralstoffpreise muss man über eine Erhöhung der Pendlerpauschale diskutieren", sagte Bode. Für die vielen Berufspendler etwa in den ländlichen Regionen des Flächenlandes Niedersachsen seien die hohen Kosten besonders hart.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht sogar das Wirtschaftswachstum gefährdet. "Bei zwei Euro an der Preistafel fängt die Konjunktur an zu knirschen", sagte DIHK-Präsident Hans-Heinrich Driftmann der "Bild"-Zeitung. Für den Fall, dass die Benzinpreise sich langfristig auf dem hohen Niveau einpendeln, forderte der DIHK-Präsident von der Bundesregierung eine Begrenzung der Energiesteuern, um die Wirtschaft und die Kaufkraft der Verbraucher zu unterstützen. Der Staat kassiert bei einem Liter Benzin mehr als die Hälfte des Preises über Steuern.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lehnt bisher eine Senkung von Mineralöl- oder Mehrwertsteuer auf Benzin ab, wie sein Sprecher sagte. Die Grünen, aber auch die halbstaatliche Deutsche Energie-Agentur (Dena) lehnten eine höhere Pendlerpauschale ab. Fraktionsvize Bärbel Höhn sagte: "Eine Erhöhung der Pendlerpauschale um fünf oder zehn Cent würde nur in die Taschen der Mineralölkonzerne fließen." Diese nutzten ihre marktbeherrschende Stellung aus, "um die Verbraucher abzuzocken". Die Forderungen von FDP und Union seien nichts als Wahlkampfgetöse.

Die Zeit des billigen Öls sei vorbei. "Konsequente politische Anreize zum Spritsparen sind der einzige Ausweg aus diesem Dilemma", betonte Höhn. Dena-Chef Stephan Kohler sagte im Deutschlandradio Kultur, statt einer höheren Pendlerpauschale sei es wichtiger, dass die Bürger auf energieeffiziente Autos setzten und alternative Kraftstoffe wie Erdgas nutzten.