Politikerinnen für Fraktionschef Trittin und damit gegen Parteichefin Roth

Berlin. Grünen-Chefin Claudia Roth ging in die Offensive und bekommt umgehend Gegenwind. Gleich zwei führende Grünen-Politikerinnen haben sich am Freitag für den Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, als alleinigen Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2013 ausgesprochen. Die Vorsitzenden der Grünen-Fraktionen im Europaparlament und im sächsischen Landtag, Rebecca Harms und Antje Hermenau, erteilten damit dem Wunsch Roths eine Absage, eine von zwei oder vier Spitzenkandidaten zu werden. Trittin selbst hielt sich ebenso wie Koparteichef Cem Özdemir bedeckt in der Kandidatenfrage.

Harms sagte mit Blick auf die vier Mitglieder der Führungsspitze, die Parteichefs Roth und Özdemir sowie die Fraktionsvorsitzenden Trittin und Renate Künast: "Ich denke, dass es klug ist, den Kopf an die Spitze zu stellen. Das spricht dafür, dass Jürgen Trittin der Spitzenkandidat wird." Hermenau sagte, der Wahlkampf werde sehr hart werden. "Da muss man seriös und qualitativ hochwertig reingehen", sagte sie und ergänzte: "Wenn das zufälligerweise ein Mann am besten kann, dann sollten wir das pragmatisch entscheiden."

Am Vortag hatte Roth überraschend ihre Bewerbung um die Spitzenkandidatur in der Berliner "tageszeitung" bekanntgegeben. "Aus meiner Sicht wäre ein Quartett für uns Grüne eine sehr sinnvolle Aufstellung, weil wir damit unsere personelle Vielfalt zur Stärke bringen können", erklärte sie und plädierte zudem für eine Urwahl der Spitzenformation. Zugleich lehnte sie einen alleinigen Spitzenkandidaten Trittin ab.

Dessen Befürworter verwiesen in den vergangenen Wochen immer wieder auf den erfolgreichen Wahlkampf des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der auch als alleiniger Spitzenkandidat antrat. Neue Nahrung erhielten Spekulationen über einen Spitzenkandidaten Trittin nach einer Klausurtagung des Realo-Flügels am Wochenende, bei dem Künast kaum Rückhalt bekam. Dem Vernehmen nach soll es unter den Realos Befürworter eines Spitzenkandidaten Trittin geben, obwohl dieser zum linken Flügel der Partei zählt.

Harms und Hermenau dringen auf eine zügige Entscheidung über die grüne Wahlkampfspitze. Harms betonte, es gehe nicht darum, die gesamte Macht in der Partei an den Spitzenkandidaten zu geben, sondern es gehe um eine vernünftige Aufstellung.

Trittin kommentierte im ZDF-"Morgenmagazin" die Debatte mit den Worten: "Ich mache meine Arbeit und beteilige mich nicht an Personalspielchen." Özdemir wich der Frage, ob er kandidieren wolle, aus und sagte: "Meine Rolle besteht vor allem darin, dass wir dafür kämpfen, dass wir ein starkes Wahlergebnis bekommen." Künast wollte sich nicht äußern.