Die Bundesregierung will schnellstmöglich bei den Fotovoltaikanlagen Geld sparen. Selbst Union und FDP fühlen sich überrumpelt

Berlin. Wo die Sonne scheint, soll mit ihrer Hilfe so viel Energie wie nur möglich erzeugt werden. Dagegen kann selbst die Bundesregierung nichts einwenden. Sie braucht natürlich auch die Sonnenenergie, um ihre Pläne zur Energiewende weiter umzusetzen. Zweifel kommen der Regierung allerdings, wenn sie zum einen ihre Ausgaben für die Förderung von Solaranlagen und zum anderen die rapide fallenden Preise für Solarmodule in Augenschein nimmt. Auf rund 100 Milliarden Euro werden die bereits gezahlten und noch zu zahlenden staatlichen Subventionen geschätzt. Einen Durchschnittshaushalt kostet die als "Solar-Soli" bezeichnete Förderung rund 70 Euro pro Jahr.

Ab dem 9. März soll alles besser werden: Die Verbraucher zahlen weniger. Aber für die Solarbranche wird der Wettbewerb härter. Denn nach den Plänen sollen für kleine Solaranlagen auf dem Dach bis zehn Kilowatt statt bisher 24,43 Cent nur noch 19,5 Cent je Kilowattstunde (kWh) Strom gezahlt werden. Anlagen bis 1000 Kilowatt bekommen statt 22 dann 16,5 Cent je kWh, große Freiflächenanlagen bis zehn Megawatt werden statt mit 18,33 nur noch mit 13,5 Cent gefördert. Obwohl es gestern einen Kabinettsbeschluss über diese und weitere Fördereinschnitte von 20 bis knapp 30 Prozent gab, ist in der Koalition Streit über die Ausgestaltung dieses Punktes im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) entbrannt.

Kaum hatte das Kabinett im Kanzleramt seine Änderungen für die Solarbranche beschlossen und die "Formulierungshilfe" den Fraktionen übersandt, gab der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer zu Protokoll, er bestehe auf einer Übergangsregelung bei der geplanten Kürzung der Solarförderung. "Da muss eine Lösung her", sagte Seehofer im Münchner Landtag. Es gehe nicht um die Kürzung an sich. Die sei notwendig, um die Energiepreise in Schach zu halten. "Sondern es geht um den Zeitpunkt, ab dem man es macht."

Jener 9. März, auf den Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sich für den Start der verringerten Förderung einigten, hat nicht nur in der CSU Irritationen ausgelöst. Auch in der CDU und bei den Liberalen herrscht Unmut über das frühe Einstiegsdatum. Röttgen und Rösler wollten mit dem Start zum 9. März vermeiden, dass es zu Schlusskäufen kommt, die die Kosten für die Verbraucher steigen lassen.

Die noch folgenden Bundestagsberatungen lassen allerdings darauf schließen, dass der Kabinettsbeschluss noch aufgeweicht wird. Wie Seehofer verlangen auch die Unions- und die FDP-Fraktion im Bundestag einen klaren Vertrauensschutz für bereits getätigte Investitionen in Solaranlagen, die nicht mehr vor dem 9. März installiert werden können. Für Dachanlagen ist nun eine Übergangsfrist bis April im Gespräch. Am Nachmittag verteidigte Röttgen im Parlament den Beschluss und sagte, in Deutschland dürfe es keinen ungebremsten Zubau geben, da das Netz dafür noch nicht ausgelegt sei. Die Energiewende sei kein Selbstläufer. "Aber sie ist ein ökologisches und ökonomisches Erfolgsprojekt."

Die Länder sehen die Förderkürzungen kritisch. Sie aber müssen sich mit der Zuschauerrolle begnügen. Das EEG ist nicht zustimmungspflichtig, womit die Länder das Gesetz höchstens verzögern, nicht aber verhindern können. Der niedersächsische Umweltminister Stefan Birkner (FDP) appellierte dennoch an Röttgen, nachzubessern. Das Ziel einer spürbaren Absenkung der Vergütungssätze für Fotovoltaik sei zwar richtig und notwendig, sagte Birkner dem Abendblatt. "Bundesumweltminister Röttgen sollte aber sicherstellen, dass die Förderabsenkung nicht das notwendige Vertrauen in Investitionen erschüttert." Bislang sei allen klar gewesen, dass die Fördersätze zum 1. April angepasst würden. "Dabei sollte es auch bleiben, klare Übergangsregeln sind notwendig." Bereits getätigte oder eingegangene Verpflichtungen müssten nach Ansicht des Ministers auch bei dieser Gesetzesänderung geschützt werden. Dabei gehe es auch um Akzeptanz und Vertrauen von Bürgern und Unternehmen in Investitionen der erneuerbaren Energien insgesamt.

Die Solarwirtschaft kommt nur langsam aus ihrer Schockstarre über das "Solarausstiegs-Gesetz", wie sie es nennt. Vor dem Kanzleramt demonstrierten gestern Hunderte Vertreter der Solarbranche, während das Kabinett zeitgleich die Kürzungen absegnete. Der Bundesverband Solarwirtschaft rechnet nun mit einem Markteinbruch um bis zu 75 Prozent. "Diese existenziellen Auswirkungen stehen in keinem Verhältnis zu den erzielbaren Einsparungen bei der EEG-Umlage", heißt es beim Verband. Tausende Jobs seien in Gefahr.

In der deutschen Solarbranche sind mehr als 100 000 Menschen tätig. Gerade die großen Solarparks werden aber überwiegend mit billigen Modulen aus China bestückt, wo es riesige Überkapazitäten gibt. Daher geht es der Branche trotz des Solarbooms eher schlecht, da chinesische Firmen an den Fördergeldern mitverdienen.