“Konzentration auf wenige Themen im Wahlkampf“ - Parteichef lobt Bürgermeister Scholz

Hamburg. Seit elf Monaten regiert Olaf Scholz in der Hamburger Bürgerschaft mit absoluter Mehrheit. Eine aktuelle Umfrage sieht seine Landes-SPD bei 51 Prozent. Nun soll vom Erfolg des Ersten Bürgermeisters auch die Bundes-SPD im Bundestagswahlkampf 2013 profitieren. Wie Parteichef Sigmar Gabriel im Abendblatt-Interview ankündigte, wollen die Sozialdemokraten im kommenden Jahr ganz im Scholz-Stil mit so wenig Wahlversprechen wie möglich um die Wähler kämpfen.

Scholz habe sich in seinem Hamburger Wahlkampf auf wenige Themen konzentriert, lobte Gabriel. "Und wir sagen mit Blick auf die Bundestagswahl: Wir versprechen so wenig wie nie zuvor. Aber was wir versprechen, werden wir auch halten." Der SPD-Vorsitzende kritisierte, dass alle Parteien in der Vergangenheit "zu oft vollmundige Versprechen" abgegeben hätten, "die sie dann nicht halten konnten". Gegenüber den Wählern sei das zynisch, so Gabriel. Er wies darauf hin, dass dies einer der Gründe sei, "warum viele von der Politik die Nase voll haben".

Auch von der Hamburger Regierungsarbeit des stellvertretenden SPD-Vorsitzenden und früheren Bundesarbeitsministers können die Sozialdemokraten nach Ansicht Gabriels lernen. Wie Scholz wirtschaftlichen Erfolg mit sozialer Sicherheit verbinde, sei vorbildlich, sagte er. "Das ist klassisch sozialdemokratische Politik." Scholz habe zudem bewiesen, dass er in der Bundespolitik erfolgreich sei. "Wir wären nicht so gut durch die Krise gekommen, hätte Scholz nicht als Arbeitsminister die Kurzarbeiter-Regelung durchgesetzt", sagte Gabriel.

Der SPD-Vorsitzende kündigte an, die Arbeitsmarktpolitik zu einem zentralen Wahlkampfthema zu machen. Die Anhebung der Verdienstobergrenze für Minijobs von 400 auf 450 Euro sei ein "völlig verkehrtes Signal". Gabriel forderte einen "Mindestlohn für Minijobs", der der Entkopplung von Lohn und Arbeitszeit entgegenwirken soll. Er sagte: "Wir brauchen hier eine Begrenzung der Arbeitszeit. Eine bestimmte Stundenzahl sollte nicht überschritten werden. Wenn man so will, ist das dann ein Mindestlohn für Minijobs."

Scharfe Kritik übte der SPD-Chef an der Energiepolitik der Bundesregierung. Derzeit erlebe man dort eine "organisierte Unverantwortung". Er forderte einen eigenständigen Energieminister: "Wir haben sechs Bundesministerien, die für Energiepolitik zuständig sind. Aber niemand übernimmt Verantwortung - im Gegenteil: Die Ministerien kämpfen gegeneinander", beklagte der frühere Bundesumweltminister. Gabriel verlangte "klare Zuständigkeiten und ein eigenständiges Energieministerium, das die Energiewende vorantreibt".

Gabriel äußerte außerdem die Befürchtung, dass in wenigen Jahren Politiker von Union und FDP eine erneute Verlängerung der Atomlaufzeiten fordern könnten. "Wenn wir bei zentralen Themen wie der Steigerung der Energieeffizienz nicht vorankommen, sagen in ein paar Jahren die Ersten aus Union und FDP: 'Tut uns leid, aber wir müssen die Atomkraftwerke doch noch länger laufen lassen.'" Er wolle sich nicht ausmalen, was dann in der Bevölkerung los sei, sagte Gabriel.