Mainz. Trotz des sinkenden Interesses an der Kredit- und Medienaffäre von Bundespräsident Christian Wulff befürwortet die Hälfte der Deutschen den Rücktritt des Staatsoberhaupts. Das geht aus dem ZDF-Politbarometer hervor. Anders als bei der letzten Umfrage, bei der sich 50 Prozent gegen einen Rücktritt Wulffs aussprachen und 44 Prozent dafür, sind jetzt mit 50 Prozent mehr Befragte für einen Rücktritt als für seinen Verbleib im Amt (45 Prozent). 75 Prozent der Befragten glauben, dass Wulff als Bundespräsident dauerhaft beschädigt ist.

Unterdessen rechnet die SPD-Fraktion in Niedersachsen noch vor der Landtagswahl im Januar 2013 mit einer Entscheidung über die Klage gegen die damalige von Wulff geführte Landesregierung. Vermutlich Anfang Februar werde die Klage wegen Falschinformation des Parlaments beim Staatsgerichtshof in Bückeburg eingereicht, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Stefan Schostok. Etwa ein halbes Jahr werde das Gericht für eine Entscheidung brauchen. Derzeit finde noch eine intensive Prüfung der Vorgänge statt, erklärte Schostok. Zudem fehlten noch die genehmigten Protokolle der jüngsten Landtagssitzung.

Der SPD-Fraktionschef hält es weiterhin für unglaubwürdig, dass mit Wulffs Sprecher Olaf Glaeseker nur eine Person an der Organisation des umstrittenen "Nord-Süd-Dialogs" beteiligt gewesen sei. "Herr Wulff war bei allen Veranstaltungen anwesend und hat mit Sicherheit auch mal gefragt, wie das gemacht wurde. Der Versuch, alles auf eine Person abzuwimmeln, mutet ein bisschen lächerlich an." Im Zuge der Ermittlungen gegen Glaeseker will die Landesregierung Anfang der kommenden Woche Akten an die Staatsanwaltschaft übergeben.

Bundespräsident Wulff darf in der Debatte um den Kredit und seine Reaktionen auf die Enthüllungen als "Lügner" bezeichnet werden. Die Äußerung sei in diesem Zusammenhang von der Meinungsfreiheit gedeckt, sagte Oberstaatsanwältin Irene Silinger. Es gebe keinen Anlass für Ermittlungen gegen den Grünen-Fraktionsvorsitzenden Stefan Wenzel, der Wulff in einem Interview einen Lügner nannte.