Verdächtige sollen Zwickauer Neonazis unterstützt haben. Untersuchungsausschuss beginnt heute

Karlsruhe/Berlin. Die Ermittlungen gegen die Neonazi-Terrorzelle und ihre Helfer hat zu neuen Durchsuchungen in Sachsen, Thüringen und Baden-Württemberg geführt. Rund 110 Polizeibeamte sicherten Beweise in Wohnungen und Geschäften mutmaßlicher Unterstützer des Zwickauer Terror-Trios. Generalbundesanwalt Harald Range sagte, es würden mittlerweile elf Ermittlungsverfahren gegen Terrorhelfer geführt. Die Verdächtigen sollen unter anderem Schusswaffen und Sprengstoff für die als "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) agierende Gruppe beschafft haben.

Die rechtsextreme Terrorgruppe soll für die Mordserie an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft in den Jahren 2000 bis 2006, den Mordanschlag auf zwei Polizisten in Heilbronn vom April 2007 und Bombenanschläge in den Jahren 2001 und 2004 in Köln verantwortlich sein. Zudem sollen die NSU-Mitglieder mehrere Banken überfallen haben. "Strafrechtlich bewerten wir das derzeit als Bildung einer terroristischen Vereinigung, Mord in zehn Fällen, ein versuchter Mord, zwei Sprengstoffanschläge und drei Fälle der schweren räuberischen Erpressung", sagte Range. Das Ziel der Aktion war es nach Ranges Worten, weitere Erkenntnisse über das Unterstützerumfeld und die Herkunft der Waffen zu gewinnen. Es seien Festplatten, Computer, CDs und zahlreiche Schriftstücke sichergestellt worden. "Es ist eine unserer vordringlichsten Aufgaben, den Kreis der Unterstützer des NSU umfassend zu ermitteln und sie gegebenenfalls zur Verantwortung zu ziehen", sagte Range. "Auf dem Wege dahin sind wir in den letzten Wochen erheblich vorangekommen."

Gegen die vier neu hinzugekommenen Verdächtigen wurden nach Angaben eines Sprechers der Generalbundesanwaltschaft keine Haftbefehle beantragt. Zwei von ihnen sollen den mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe bereits 1998 Sprengstoff und eine Schusswaffe zur Verfügung gestellt haben. Es bestehe der Verdacht, dass sie die Zwickauer Terrorzelle auch später unterstützt hätten. Derzeit sitzen vier mutmaßliche Unterstützer in Untersuchungshaft, dazu kommt Beate Zschäpe als einziges überlebendes Mitglied der Zwickauer Gruppe. Generalbundesanwalt Range äußerte sich auch zu einer Haftbeschwerde, die Zschäpes Anwälte eingelegt haben. "Wir halten sie bereits nach den bisherigen Ergebnissen der Ermittlungen weiterhin für dringend verdächtig, sich an der terroristischen Vereinigung als Mitglied beteiligt zu haben." Die Ermittler haben dem Bundesgerichtshof 17 Aktenordner mit Beweisen vorgelegt, die dies belegen sollen. "Die vor zweieinhalb Monaten begonnenen Ermittlungen werden weiterhin mit Hochdruck geführt", sagte Range. 350 Beamte des Bundeskriminalamts und der Länderpolizei sowie zwölf Bundesanwälte seien mit dem gesamten Komplex befasst.

Der Bundestag will heute einen von allen Fraktionen getragenen Untersuchungsausschuss beschließen. Der designierte Vorsitzende Sebastian Edathy (SPD) rief die Länder auf, die Arbeit zu unterstützen. "Wir setzen auf Kooperation und nicht Konfrontation", sagte er der "Saarbrücker Zeitung". Das Gremium soll klären, warum die Neonazi-Gruppe jahrelang unerkannt agieren konnte. Dem Ausschuss sollen elf Mitglieder angehören: vier Abgeordnete von der Union, drei von der SPD, zwei von der FDP und je einer von Grünen und Linken.