Der Chefredakteur fordert Transparenz, für den Präsidenten ist die Sache erledigt. Der Dialog im Wortlaut

Berlin. Soll die Nachricht von Christian Wulff auf der Mobilbox von Kai Diekmann im Wortlaut veröffentlicht werden? Darüber stritten Bundespräsident und "Bild"-Chefredakteur gestern öffentlich. Der Briefwechsel zwischen den beiden in Auszügen.

Schreiben des "Bild"-Chefredakteurs

"Sehr geehrter Herr Bundespräsident, mit Verwunderung haben wir gestern Ihre Aussage im Fernsehen zur Kenntnis genommen, bei Ihrem Anruf auf meiner Mailbox sei es nicht darum gegangen, Berichterstattung zu Ihrem Hauskredit zu verhindern, sondern diese lediglich um einen Tag zu verschieben. Um Missverständnisse auszuräumen, was tatsächlich Motiv und Inhalt Ihres Anrufes angeht, halten wir es deshalb für notwendig, den Wortlaut Ihrer Nachricht zu veröffentlichen. Wir möchten dies nicht ohne Ihre Zustimmung tun und bitten Sie deshalb im Sinne der von Ihnen angesprochenen Transparenz um Ihr Einverständnis zur Veröffentlichung. (...) Ebenfalls im Sinne dieser von Ihnen gewünschten Transparenz werden wir diese Anfrage öffentlich machen.

Mit freundlichen Grüßen

Kai Diekmann"

Antwort des Bundespräsidenten

"Sehr geehrter Herr Diekmann, für Ihr heutiges Schreiben danke ich Ihnen. Meine Nachricht vom 12. Dezember 2011 auf Ihrer Telefon-Mailbox war ein schwerer Fehler und mit meinem Amtsverständnis nicht zu vereinbaren. Das habe ich öffentlich klargestellt. Die in einer außergewöhnlich emotionalen Situation gesprochenen Worte waren ausschließlich für Sie und für sonst niemanden bestimmt. Ich habe mich Ihnen gegenüber kurz darauf persönlich entschuldigt. Sie haben diese Entschuldigung dankenswerterweise angenommen. Damit war die Sache zwischen uns erledigt. Dabei sollte es aus meiner Sicht bleiben. Es erstaunt mich, dass Teile meiner Nachricht auf Ihrer Mailbox nach unserem klärenden Telefongespräch über andere Presseorgane den Weg in die Öffentlichkeit gefunden haben. Es stellen sich grundsätzliche Fragen zur Vertraulichkeit von Telefonaten und Gesprächen. Hier haben die Medien ihre eigene Verantwortung wahrzunehmen. (...) Angesichts der Veröffentlichung Ihres Schreibens an mich mache ich auch meine Antwort öffentlich.

Mit freundlichem Gruß

Christian Wulff"

Reaktion der "Bild"-Chefredaktion

"Die Redaktion bedauert diese Entscheidung. Damit können die im Zusammenhang mit dem Interview des Bundespräsidenten entstandenen Unstimmigkeiten, was das Ziel seines Anrufes angeht, nicht im Sinne der von ihm versprochenen Transparenz aufgeklärt werden."