Präsident stoppt Veröffentlichung seines Anrufs bei “Bild“. Kritik auch aus CDU und FDP

Berlin. Mit seinem Fernsehinterview wollte Bundespräsident Christian Wulff eigentlich den Befreiungsschlag schaffen - doch stattdessen hat sich der Druck auf das Staatsoberhaupt noch einmal erhöht: Noch in der Nacht legte die "Bild"-Zeitung nach und bezichtigte den Bundespräsidenten, bei ARD und ZDF nicht ganz die Wahrheit gesagt zu haben. Das Blatt widersprach Wulffs Darstellung, er habe am 12. Dezember mit seiner Nachricht auf der Mobilbox von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann nur den Aufschub eines Berichts über den umstrittenen 500 000-Euro-Kredit erreichen wollen. Der Anruf habe im Gegenteil das Ziel gehabt, die Berichterstattung über seinen Hauskredit zu verhindern.

Damit geht die Auseinandersetzung zwischen dem Staatsoberhaupt und der größten deutschen Boulevardzeitung in die nächste Runde. Der Präsident ist angeschlagen, die Zeitung in der Offensive. "Wir erleben einen echten Western-Showdown", sagte der Politikberater Michael Spreng der "Tageszeitung". Aber es sei ein Duell von "Wasserpistole gegen scharf geladenen Colt".

"Bild"-Chefredakteur Diekmann hatte den Bundespräsidenten noch gestern Vormittag in einem öffentlichen Brief um Zustimmung für eine Veröffentlichung der umstrittenen Mobilbox-Nachricht gebeten. Das lehnte Wulff ab. Nach einer persönlichen Entschuldigung seinerseits, die Diekmann angenommen habe, sei die Sache "zwischen uns erledigt" gewesen, antwortete der Bundespräsident. "Dabei sollte es aus meiner Sicht bleiben."

Derweil hält die Politik den Atem an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ sich gestern nicht einmal andeutungsweise anmerken, was sie denkt. In Regierungskreisen wurde ihre Zurückhaltung damit begründet, Merkel habe die Arbeit des Bundespräsidenten schon aus Respekt vor dem Amt nicht jeden Tag neu zu bewerten. Aus der CSU war am Rande der Klausur in Wildbad Kreuth die Einschätzung zu hören, Wulff gehe aus seinem Auftritt bei ARD und ZDF zwar nicht gerade gestärkt hervor. Nachdem er auf menschlicher Ebene reagiert habe, werde er die Affäre aber voraussichtlich politisch überstehen.

Die SPD dagegen reagierte empört auf Wulffs Nein, den umstrittenen Mobilbox-Anruf freizugeben. "Der Bundespräsident hat seine Glaubwürdigkeit verloren", sagte ihr parlamentarischer Geschäftsführer Thomas Oppermann. Auch im Regierungslager wurden kritische Stimmen laut. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der "FAZ", Wulffs Krisenmanagement sei "wirklich nicht optimal" gewesen. Der FDP-Europaabgeordnete Michael Theurer sagte dem Abendblatt, der Prozess der Entfremdung vom Bundespräsidenten beschleunige sich. "Wenn jetzt noch etwas Gravierendes hinzukommt, dann wird es sehr eng für Christian Wulff." Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte Wulff in der "Ostsee-Zeitung" auf, "nun Vertrauen zurückzugewinnen, denn das ist leider verloren gegangen". Die Anwaltskanzlei des Bundespräsidenten veröffentlichte gestern eine Stellungnahme zu etwa 450 Medien-Anfragen. Darin kommt sie zum Schluss, dass Wulff als Regierungschef von Niedersachsen nicht gegen das Ministergesetz verstoßen habe.