Am 15. August 1949 erschien im Hamburger Abendblatt, Seite 1, dieses "Menschlich gesehen". Es definierte - ganz allgemein - die Erwartungen, die damals an den ersten Inhaber des höchsten Amts gestellt werden sollten (das wurde dann Theodor Heuss).

"Er wohnt verhältnismäßig schlicht. Sie haben ihm ein Schlösschen in der Nähe von Bonn angewiesen, wo er die Gäste empfangen soll, und einen Flügel des Bundeshauses an der Görresstraße zum Arbeiten. Natürlich kann das Oberhaupt der Bundesrepublik Deutschland nicht als Untermieter mit Notküche zurechtkommen.

Aber er hält es nicht für seine allererste Aufgabe, zu repräsentieren. Diese mühevolle Pflicht meint er den vielen anderen Prominenten in der Politik und Wirtschaft ... überlassen zu können.

Er ist zugänglich. Von seinen Kollegen in Washington hat er die schöne Gepflogenheit übernommen, für jeden da zu sein und einen Händedruck übrig zu haben. Er hat Zeit.

Den Kleinkram überlässt er den Ministerialräten. Dafür bewahrt er sich den freien Blick für die Dinge und vor allem, was ja die Hauptsache ist, für die Menschen. Er ist alt, aber er kennt auch das Wort eines großen englischen Premierministers, wonach für Leute mit einer schöpferischen Phantasie die Erfahrung nicht die einzige Richtlinie sein kann. Er ist klug, aber er weiß, dass es einen Punkt gibt, wo sich Schläue und Dummheit berühren.

Man hat ihn natürlich gewählt, weil er eine Persönlichkeit ist, und nicht etwa, weil man sich auf keine andere Parteigröße einigen konnte. So wirkt er weniger durch seine verfassungsmäßig festgelegten Rechte als kraft seiner natürlichen Autorität.

Sie ist nicht sofort da; aber sehr schnell in den ersten Wochen, da die Bundesregierung ihre unsicheren und doch so entscheidenden Gehversuche macht ..., wächst er heran, gleicht er aus, steuert er unauffällig mit ruhiger, gelassener Hand und nimmt er mit Würde das wahr, was der jungen Republik als außenpolitische Verantwortung bereits in die Wiege gelegt ist. Mit einem Wort: Er ist weise.

Wo ist er?"