So wird in Europa über die Pannen der Koalition berichtet

Hamburg. An der schwarz-gelben Bundesregierung hagelt es Kritik - und die Anzahl der Negativschlagzeilen wächst: Da sind die Querelen um die große Frage, wie und wo denn nun gespart werden soll. Da ist dieses leidige Thema der Steuersenkungen, das die FDP doch so gern in die Tat umgesetzt hätte. Man streitet über die Gesundheitsreform und stritt über die Wehrpflicht - und reibt sich zu guter Letzt auch noch an der Personalie Christian Wulff, den nun doch nicht mehr alle Koalitionäre zum Bundespräsidenten wählen wollen. Für viele deutsche Medien ist all das Grund genug, einen Abgesang auf die Regierung Merkel II einzuleiten. Ihr Ansehen gilt als angeschlagen wie selten zuvor.

Und das sieht man nicht nur in Deutschland so. Auch die ausländischen Korrespondenten in der Hauptstadt berichten in ganz ähnlichem Tonfall über die politischen Ereignisse in der Bundesrepublik. Einer von ihnen ist Alessandro Alviani. Für die italienische Zeitung "La Stampa" beobachtet er das Geschehen in Berlin.

Sein Eindruck von der Bundesregierung? "Ziemlich katastrophal", sagt er. Man erkenne weder Disziplin noch irgendwelche Visionen, noch eine starke Führung. "Ich verstehe einfach nicht, wofür Schwarz-Gelb steht." Ähnlich sieht es Volker Obermayr, Korrespondent für den österreichischen Sender ORF. "Die Performance der deutschen Regierung war in den ersten Monaten wirklich sehr schlecht." Vor allem die FDP hätte "ein gewaltiges Problem" mit ihrem Rollenwechsel von der Opposition in die Regierung gehabt. Aber auch Merkel habe Schuld an dem Desaster: "Sie hat sich bis heute in vielen Bereichen geweigert, dieses Kabinett auch wirklich zu führen."

Und dann sind da noch die vielen Streitereien - vor allem zwischen CSU und FDP. "Gurkentruppe" war zu hören, "Wildsau" nannte man sich und selbst von einem "Rumpelstilzchen" war gerüchteweise die Rede.

"Das", sagt der Italiener Alviani, "hätte man von Deutschland nicht erwartet. Nicht von dieser großen Wirtschaftsmacht." Tony Paterson, Korrespondent vom britischen "Independent" ist da jedoch wesentlich gelassener: "In Großbritannien sind wir es gewöhnt, dass sich Politiker beschimpfen. Das ist nichts Besonderes." Auch das Bild der Bundeskanzlerin sieht er zwar "angeschlagen, aber nicht vollkommen kaputt". Im Vergleich zu Großbritanniens Ex-Premier Gordon Brown, der mit einem extrem schlechten Image bei der Bevölkerung Ende April abgewählt wurde, stehe Merkel doch eigentlich noch ganz gut da.

Ganz anderer Auffassung ist Pascal Thibaut. Für "Radio France Internationale" berichtet er aus Berlin - vor allem die Bundeskanzlerin kommt dabei in letzter Zeit immer schlechter weg. "Angela Merkel wurde bei uns immer als starke Persönlichkeit wahrgenommen", sagt er. "Inzwischen gilt sie jedoch als Bremserin." Der Grund: das Ausharren und Aussitzen politischer Probleme, für das die Bundeskanzlerin auch von deutschen Medien schon zur Genüge gescholten wurde. "Deutschland und Angela Merkel werden in Frankreich viel kritisiert", sagt Thibaut. "Diese Regierung hat deutlich an Glaubwürdigkeit verloren."